Ngorongoro, Tansania – Die Maasai International Solidarity Alliance (MISA) veröffentlicht die Vision der Maasai für Naturschutz („Maasai Conservation Vision“). Es handelt sich um ein umfassendes Dokument, das von Maasai-Ältesten, -Frauen und –Jugendlichen aus 26 Dörfern in fünf Bezirken im Norden Tansanias (Ngorongoro, Longido, Monduli, Simanjiro und Kiteto) entwickelt wurde. Dieses visionäre Dokument repräsentiert die vereinten Stimmen von mehr als 520 Maasai, die sich zusammengeschlossen haben, um ihre Rechte auf Land im Rahmen einer friedlichen Koexistenz mit Wildtieren durchzusetzen.
Die Maasai im Norden Tansanias wehren sich seit Jahren gegen Pläne, ihr Land in Natur- und Wildschutzgebiete umzuwandeln. Um zu zeigen, wie Naturschutz und auch Tourismus mit ihnen zusammen anstatt gegen sie funktionieren kann, wurde der umfassende Konsultationsprozess gestartet. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Die „Maasai Vision für Naturschutz“ bietet eine überzeugende Alternative zu kolonialen Schutzmodellen, die ihnen bisher aufgezwungen wurden und zur Vertreibung und Verlust von wirtschaftlichen und kulturellen Grundlagen geführt haben. Sie enthält die Forderungen der Gemeinschaft nach einem alternativen Ansatz, der auf dem Recht auf gemeinschaftliches Land, dem Schutz traditioneller pastoraler Praktiken sowie der Übertragung von Wildtier-Management und Tourismus in die Hände der Maasai-Gemeinschaft beruht.
Die Kernaussagen der „Maasai Vision für Naturschutz“:
- Land als Leben: Die Maasai betonten, dass Land für ihre Identität, Kultur und Lebensgrundlage von zentraler Bedeutung ist. Sie fordern ein Ende aller Zwangsumsiedlungen und die Rückgabe von Land, welches in Schutzgebiete umgewandelt wurde.
- Pastoralismus: Die Vision fordert den Schutz der Lebensgrundlage der PastoralistInnen, die das Ökosystem der Maasai seit Generationen erhalten. Dies umfasst die Aufhebung aller Beschränkungen des Zugangs zu Weideland, Wasserquellen, Heilpflanzen und heiligen Stätten sowie Investitionen in die Wirtschaft der Pastoralisten.
- Koexistenz mit Wildtieren: Die Maasai leben seit jeher in friedlicher Koexistenz mit Wildtieren und lehnen das derzeitige Naturschutzmodell ab, durch das Mensch und Natur voneinander getrennt werden. Sie fordern die Abschaffung der Trophäen-Jagd und das Ende von militarisierten Naturschutzpraktiken.
- Kulturelle Integrität und Kontinuität: Die Maasai sind entschlossen, ihr kulturelles Erbe zu bewahren. Dazu zählen unter anderem das System traditioneller Autoritäten („Elder“), Übergangsriten und ihre Sprache Maa. Die Gemeinschaft lehnt jede Form von Diskriminierung, Hassreden und Aneignung ihrer Kultur ab.
- Fairer Tourismus: Die Maasai sind nicht grundsätzlich gegen Tourismus, lehnen aber die derzeitige Form ab. Der Tourismus sollte sich nicht negativ auf die traditionelle Landnutzung auswirken, einschließlich der Weidewirtschaft, Kultur und spirituellen Praktiken.
- Emissionsgutschriften: Die Maasai-Gemeinschaft ist besorgt über die rasante Entwicklung des Geschäfts mit Kohlenstoffgutschriften und befürchtet, dass dies zu einer neuen Welle des Landraubs führen kann. Der Handel mit Kohlenstoffgutschriften sollte weder den Pastoralismus beinträchtigen noch zu Einschränkungen der Landnutzung und der natürlichen Ressourcen führen.
Ein Aufruf zum Handeln
Die „Maasai Vision für Naturschutz“ dient als Leitfaden für die Interessenvertretung sowie den Dialog und ruft zur Bildung von Bündnissen mit anderen Pastoralistengemeinschaften und internationalen Partnern auf. MISA ruft die internationale Gemeinschaft dazu auf, die Maasai in ihrem Kampf um ihr Land und gegen alle Maßnahmen, die ihre Lebensweisen bedrohen, zu unterstützen.
„Das Land ist alles für uns“, sagte ein Maasai-Mitglied im Konsultationsprozess. „Es ist der Ort, an dem wir leben, an dem unsere Vorfahren begraben sind und an dem unsere zukünftigen Generationen weiterleben müssen. Wir können uns nicht davon trennen.“
Die „Maasai Vision für Naturschutz“ ist ein mutiges Bekenntnis zu Selbstbestimmung und Widerstandsfähigkeit. Während die Maasai ihren Kampf um ihr Land und ihr kulturelles Überleben fortsetzen, wird diese Vision dazu beitragen, eine Zukunft zu gestalten, die die Vergangenheit ehrt und die Rechte der kommenden Generationen sichert.
Über MISA
Die Maasai International Solidarity Alliance (MISA) ist eine internationale Koalition, die sich der Unterstützung der Maasai in Nordtansania in ihrem Kampf für das Recht auf Land und soziale Gerechtigkeit verpflichtet hat. MISA vereint religiöse Organisationen, Menschenrechtsverteidiger*innen und Basisbewegungen, um die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen an den Maasai zu bekämpfen.
Eine grafische Zusammenfassung der Maasai-Vision finden Sie hier.
Die Vision der Maasai für Naturschutz (in Englisch) können Sie hier oder über den folgenden QR-Code abrufen.
Für weitere Informationen, kontaktieren Sie: maasaiinternationalsolidaritya@gmail.com