Der Europarat empfiehlt den Mitgliedstaaten, die Rechte auf Nahrung und Wasser in ihre nationalen Verfassungen aufzunehmen und Programme zu verabschieden, um diese Rechte schrittweise zu verwirklichen. Dies böte die stärkste Grundlage für den Schutz dieser zentralen Rechte. Bislang wurde das Recht auf Nahrung in keiner der Verfassungen der Mitgliedstaaten des Europarats anerkannt. FIAN begrüßt die Resolution und fordert die Mitgliedsstaaten auf, der Forderung nachzugehen. FIAN steht mit dem Bundestag im Austausch, um den Prozess zu unterstützen.
Am 3. Oktober hat der Europarat ohne Gegenstimmen eine Resolution zum Recht auf Nahrung (Resolution 2577/2024) verabschiedet. Darin benennt er – neben den Auswirkungen des Klimawandels sowie des Kriegs in der Ukraine – das Fortbestehen von Ungleichheiten als zentrale Ursache für Mangelernährung und Hunger in Europa. Der Vorrang kommerzieller Interessen und die Benachteiligung kleiner Lebensmittelproduzent*innen auf dem europäischen Markt, insbesondere bei der Entlohnung, stellen seiner Ansicht nach ein Hindernis für die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung dar.
Initiativen vieler Mitgliedsstaaten wie Gesetzgebungen, die die Umverteilung von unverkauften Lebensmitteln aus Supermärkten und Restaurants als Nahrungsmittelhilfe für die Bedürftigsten fördert, begrüßt der Europarat zwar als hilfreich, um Lebensmittelverschwendung zu bekämpfen. Damit sich aber alle Menschen selbständig mit Nahrungsmitteln versorgen können, müsse der karitative Ansatz durch einen rechtebasierten ersetzt werden. Ein solcher Ansatz stelle die Menschen in den Mittelpunkt der Ernährungspolitik und könne so das Recht auf Nahrung gewährleisten.
Die Staaten sollten außerdem Nahrung als zentrale Komponente in ihre nationalen und internationalen Strategien einbeziehen. Zu diesen Strategien zählt die Schaffung strategischer Nahrungsmittelreserven, die Stärkung der Versorgungsketten und die Unterstützung lokaler Nahrungsmittelproduktionssysteme. Damit könnten die negativen Auswirkungen des Klimawandels und des Kriegs in der Ukraine auf Ernährungssicherzeit abgemildert werden. Auch rät der Europarat den Staaten, eine Gesetzgebung zu schaffen, die wirtschaftliche Ungleichgewichte zwischen öffentlichen und privaten Akteuren abbaut, landwirtschaftliche Fragen mit den Zielen der ökologischen Transformation in Einklang bringt und für eine gerechte Entlohnung der Landwirt*innen sorgt.
Nicht zuletzt wird empfohlen, dass sich die Staaten auf den bestehenden internationalen Rechtsrahmen zum Recht auf Nahrung wie die UN-Leitlinien stützen, um Strategien zum Recht auf Nahrung zu entwickeln und umzusetzen. Dabei hebt der Europarat hervor, dass das Recht auf Nahrung im Einklang mit dem One-Health-Ziel der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verwirklicht werden solle. Dieses verbindet die Gesundheit von Menschen, Tieren und Ökosystemen miteinander.
Vorangegangen war der Resolution der Bericht (Doc. 16041/September 2024) des Ausschusses für soziale Angelegenheiten, Gesundheit und nachhaltige Entwicklung des Europarates. Der Zusammenhang des Rechts auf Nahrung mit anderen Rechten wie dem Recht auf eine gesunde Umwelt und dem Recht auf Gesundheit wird darin hervorgehoben. Der Bericht empfiehlt, das Recht auf Nahrung in die neue Umweltstrategie des Europarates aufzunehmen, die für 2024 angekündigt wurde. Ebenso spricht er sich dafür aus, die Kooperation des Europarates mit der Welternährungsorganisation (FAO) und der WHO zu stärken. Nicht zuletzt solle die Möglichkeit geprüft werden, den normativen Rahmen des Europarates zu ergänzen, um das Recht auf Nahrung zu garantieren.
Darüber hinaus betont der Bericht, dass die Zivilgesellschaft einen hervorragenden Beitrag geleistet hat, um die Ausarbeitung eines Rechtsrahmens für nachhaltige Lebensmittelsysteme in Richtung eines Menschenrechts auf Nahrung zu lenken. Dabei zitiert er auch den Bericht von FIAN International „Das Recht auf Nahrung für einen gerechten Übergang zu nachhaltigen Lebensmittelsystemen“ von Oktober 2023.
Hier finden Sie die Resolution des Europarates.
Hier den Bericht des Ausschusses für soziale Angelegenheiten, Gesundheit und nachhaltige Entwicklung.