Im Herbst 2023 wird die Menschenrechtslage von Kolumbien im Rahmen des Universal Periodic Review (UPR – siehe Kasten) im UN-Menschenrechtsrat überprüft. Zur Vorbereitung hat eine Koalition verschiedener Menschenrechtsorganisationen, zu denen auch FIAN Kolumbien und FIAN Deutschland gehören, einen Parallelbericht verfasst. Straflosigkeit, soziale Ungleichheit und strukturelle Defizite bei der Umsetzung des Rechts auf Nahrung sind hierbei einige Schwerpunkte.
FIAN erwartet von der Bundesregierung, ihren Sitz im Menschenrechtsrat dafür zu nutzen, sich für die Forderungen der Zivilgesellschaft aus dem UPR-Parallelbericht einzusetzen.
Der vollständige Bericht kann hier heruntergeladen werden:
Englisch: https://www.fian.de/wp-content/uploads/2023/06/Kolumbien-UPR-Parallelbericht-Englisch.pdf
Spanisch: https://www.fian.de/wp-content/uploads/2023/06/INFORME-EPU-OIDHACO-OINGS-ESPANOL-2023-web.pdf
Der Universal Periodic Review (UPR) und der Parallelbericht der Zivilgesellschaft
Der UN-Menschenrechtsrat praktiziert ein Prüfverfahren, dem sich alle Mitgliedsländer regelmäßig unterziehen müssen: den sog. Universal Periodic Review (UPR). Grundlage für diese Überprüfung der Menschenrechtslage in den beteiligten Ländern sind die Charta der Vereinten Nationen, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte sowie die vom jeweiligen Mitgliedsland ratifizierten Menschenrechtsabkommen. Durch das UPR-Verfahren verpflichten sich alle Staaten, darzulegen, welche Maßnahmen sie ergriffen haben, um die Menschenrechtssituation in ihren Ländern zu verbessern.
Das Ziel dieses Mechanismus ist es, die Menschenrechtslage in allen Ländern zu verbessern und Menschenrechtsverletzungen zu bekämpfen, wo immer sie auftreten.
Wer führt den Bericht durch?
Die Überprüfungen werden von der UPR-Arbeitsgruppe durchgeführt, die sich aus den 47 Mitgliedern des UN-Menschenrechtsrates zusammensetzt. Jede Staatenüberprüfung wird von einer Gruppe von drei Staaten, der sogenannten „Troika“, unterstützt, die als Berichterstatter fungieren. Die Auswahl der Troika für jeden Staat erfolgt durch Auslosung.
Worauf basiert der Bericht?
Die Dokumente, auf die sich der Bericht stützt, sind: 1) Informationen, die der überprüfte Staat in Form eines „nationalen Berichts“ vorlegt; 2) Informationen, die in den Berichten der UN-Sonderberichterstatter*innen enthalten sind; 3) Informationen aus den UPR- Parallel- bzw. Schattenberichten von anderen Akteur*innen, einschließlich Menschenrechtsinstitutionen und NGOs wie FIAN.
Welche Schritte werden im Anschluss an die Überprüfung unternommen?
Der Staat trägt die Hauptverantwortung für die Umsetzung der im Endergebnis enthaltenen Empfehlungen. Das UPR-Verfahren stellt sicher, dass alle Länder über die Fortschritte oder Misserfolge bei der Umsetzung dieser Empfehlungen Rechenschaft ablegen müssen. Bei einer zweiten Überprüfung wird von den Staaten erwartet, dass sie über die Umsetzung der Empfehlungen aus der ersten Überprüfung sowie über alle Entwicklungen im Bereich der Menschenrechte berichten. Erforderlichenfalls wird sich der Rat mit Fällen befassen, in denen die Staaten nicht kooperieren und ggf. Maßnahmen einleiten.
Zum Recht auf Nahrung schreiben die Verfasser*innen:
Die Menschen in Kolumbien leiden unter schwerwiegenden Verstößen gegen das Recht auf angemessene Nahrung und Ernährung. Nationale Daten zeigen, dass: 54,2 % der Haushalte von Ernährungsunsicherheit betroffen sind; 10,8 % der Kinder unter fünf Jahren haben ein Wachstumsdefizit; und 24,4 % der Schulkinder und 56,6 % der Erwachsenen sind übergewichtig. Darüber hinaus ist die Anzahl stillender Mütter weit von den internationalen Empfehlungen entfernt.
Hunger war ein Auslöser für den sozialen Protest von 2021. Der kolumbianische Staat hat jedoch keine angemessenen Maßnahmen ergriffen. Stattdessen verstärkte er seine Allianzen mit der Lebensmittelindustrie (die für einen Großteil der Unterernährung im Land verantwortlich ist), stellte sich gegen Maßnahmen sozialer Organisationen zugunsten der öffentlichen Gesundheit und der Ernährung. Er ging sogar so weit, von internationalen Organisationen die Feststellung einzufordern, dass es in Kolumbien keinen Hunger gäbe.
Hervorzuheben sind jedoch die neuen Gesetze bezüglich der Warnhinweispflicht auf ultra-verarbeiteten essbaren und trinkbaren Produkten sowie der Steuer auf gesüßte Getränke, die trotz erbitterten Widerstands der Industrie und der Duque-Regierung erkämpft werden konnten. Nicht gesetzlich verankert wurde die Kontrolle der Werbung für ultra-verarbeitete essbare und trinkbare Produkte, die sich an Kinder richtet.
Die aktuelle Regierung um Gustavo Petro bemüht sich um die Umsetzung eines dringenden Plans zur Bekämpfung von Hunger. Das Leitdokument dafür ist jedoch noch nicht veröffentlicht worden.