In unseren weltweiten Lieferketten werden täglich Menschenrechte verletzt. Für die über Landesgrenzen hinweg handelnden Unternehmen bleiben die Verstöße oft ohne Folgen. Auch deutsche Unternehmen profitieren systematisch von Vertreibung, menschenunwürdiger Arbeit und Umweltzerstörung. FIAN setzt sich dafür ein, dass Betroffene in Deutschland Wiedergutmachung einklagen können.
Guinea: Bauxit-Mine verletzt Menschenrecht auf Wasser
In Guinea führt der Abbau von Bauxit zu Verschmutzung und Trockenlegung wichtiger Gewässer. Aber das ist nicht alles: Durch die Minen kommt es zur Vertreibung ganzer Dörfer. Wo zuvor Wälder und Ackerflächen waren ist vielerorts nur noch lebensfeindliche Steppe. Die Gemeinden können sich dadurch nicht mehr ausreichend selbst versorgen. Frauen müssen nun längere Wege für die Wasserversorgung ihrer Familien zurücklegen. Entschädigt wurden sie dafür nicht. Das aus dem Bauxit gewonnene Aluminium kommt unter anderem in der deutschen Automobilindustrie zum Einsatz. (mehr erfahren)
„Die Gemeinden rund um die Bauxit-Minen senden SOS! Die Flüsse, aus denen wir unser Trinkwasser gewonnen haben, werden für den Bergbau zerstört und verschmutzt“ (Malick Bah, Betroffener des Minenprojekts in Sangaredi)
Kambodscha: Vertreibung für Zucker-Export
Auch in Kambodscha stoßen wir auf Unternehmen, die ihre Geschäfte auf Hungerlöhnen, Gewerkschaftsverboten und Landvertreibungen aufbauen. So wurden in dem südostasiatischen Land mehrere zehntausend Hektar Land für Zuckerrohrplantagen freigeräumt. Ziel der Zucker-Exporte war von Beginn an Europa. (Mehr erfahren)
„Meine ganze Familie wurde gewaltsam vertrieben. Unser Haus wurde komplett niedergebrannt. Ich habe meine Farm verloren und musste mich verschulden, um uns zu ernähren“ (Reisbäuerin Hoy Mai)
Uganda: Deutscher Kaffee-Konzern verantwortet Hunger
In Uganda wurden vor 20 Jahren mehr als 4.000 Menschen aus vier Dörfern vertrieben, weil die Regierung deren Land an die Kaweri Kaffee-Plantage verpachtet hat. Kaweri ist eine Tochterfirma der Neumann Kaffee Gruppe in Hamburg. Mehrfach wollten die Betroffenen direkt mit dem Mutterkonzern, der Neumann Kaffee Gruppe, sprechen – aber ein Anhören, eine Begegnung auf Augenhöhe wurde stets verwehrt. Bis heute sind sie weder für die Vertreibung noch für den Verlust ihres Besitzes entschädigt worden. (mehr erfahren)
„Der Konzern, der unsere Menschenrechte mit Füßen tritt, hat seinen Sitz in Deutschland. Die Bundesregierung muss etwas unternehmen!“ (Peter Kayiira, Sprecher der Vertriebenen)
Notwendigkeit verbindlicher Unternehmenshaftung
Diese Not entsteht, weil globale Unternehmen nicht ausreichend kontrolliert werden. Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ist zwar ein wichtiger erster Schritt auf dem Weg zu einer global gerechteren Wirtschaft. Aber es hat deutliche Schwächen und Lücken. Zum einen bleibt der Schutz von Klima und Umwelt größtenteils unberücksichtigt. Außerdem erfasst das Gesetz zu wenige Unternehmen und beinhaltet keine zivilrechtliche Haftung. Ein europäisches Lieferkettengesetz, für das Entwürfe vorliegen, könnte weltweit die Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards in Lieferketten verbessern und Deutschland zur Schärfung seiner Bestimmungen zwingen. FIAN fordert: Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung dürfen nicht weiter Teil der Wertschöpfung deutscher Unternehmen sein. Gemeinsam mit der zivilgesellschaftlichen „Initiative Lieferkettengesetz“ setzen wir uns daher gegenüber der Bundesregierung und der EU für ein EU-Lieferkettengesetz ein, dass Menschenrechte und Umwelt tatsächlich schützt und wirksame Sanktionen enthält.
Parallel dazu sitzen wir im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen mit am Verhandlungstisch für einen umfassenderen, weltweit gültigen Vertrag zum Menschenrechtsschutz im Zusammenhang mit Wirtschaftsaktivitäten (englisch: Treaty). Die deutsche Regierung hat sich an diesen Verhandlungen bisher kaum beteiligt. Gemeinsam mit der zivilgesellschaftlichen Treaty-Allianz fordern wir sie auf, sich auch hierbei aktiv für einen starken Menschenrechtsschutz einzusetzen.
Sind Sie dabei? FIAN unterstützt die Betroffenen, ihre Rechte einzufordern und setzt sich für eine konsequente Unternehmenshaftung ein. Bitte stärken Sie unsere Arbeit mit Ihrer Spende oder mit einer Mitgliedschaft!
Hintergrund: Für eine Globalisierung von wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechten durch die Stärkung extraterritorialer Staatenpflichten
Die Universalität ist ein Grundprinzip der Menschenrechte. Diese versteht sich im Sinne einer Allgemeingültigkeit, wonach der Anspruch erhoben wird, die Menschenrechte hätten überall für alle Menschen zu gelten. Dennoch interpretieren viele Staaten ihre menschenrechtlichen Verpflichtungen ausschließlich auf ihr eigenes Territorium beschränkt. Doch insbesondere in Zeiten internationaler Verflechtungen von Politik und der Globalisierung von Wirtschafts- und Handelsbeziehungen ist dieses Verständnis problematisch. Schließlich liegt der Ursprung von Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung häufig entfernt von dem Ort, an dem die Auswirkungen spürbar sind. Um diese menschenrechtliche Leerstelle zu schließen, wurden 2011 die «Maastrichter Prinzipien zu den Extraterritorialen Staatenpflichten im Bereich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte» (kurz: ETOs) verabschiedet. Zu den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechten gehören auch die Rechte auf eine angemessene Ernährung und auf Wasser. Die Beachtung der extraterritorialen Pflichten soll verhindern, dass mit deutscher Verantwortung schädliche Wirkungen auf die Bevölkerung im Globalen Süden ausgehen. Damit bilden die ETO-Grundsätze einen international verbindlichen Rahmen für die Durchsetzung menschenrechtlicher Verpflichtungen von Unternehmen.