FIAN unterstützt zusammen mit vielen anderen Organisationen das Statement der Initiative für faire Preise in der Lieferkette
Die Agrarwende ist drängender denn je! Denn Ausbeutung von Menschen, Tieren und Umwelt aufgrund ungerechter Strukturen in der globalen Landwirtschaft ist allgegenwärtig. Auch wenn derzeit Lebensmittelpreise für die Endverbraucher*innen steigen, erhalten viele Erzeuger*innen unserer Lebensmittel in Deutschland und andernorts einen Preis, der zum Leben nicht reicht und einen umweltschonenden Anbau unmöglich macht. Es fehlen Mechanismen für langfristig stabile und kostendeckende Erzeuger*innenpreise. Die Klimakrise und der dramatische Verlust der biologischen Vielfalt zählen zu den größten Risiken für die Menschheit.
Wenn wir es zulassen, dass die globalen Treibhausgase aus der Lebensmittelproduktion weiter steigen, dann verfehlen wir das Pariser Klimaschutzziel. Doch gerade der Klimawandel bedroht unsere natürlichen Lebensgrundlagen, die Ernährungssouveränität und unsere Gesundheit. Der Landwirtschaft kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Einerseits ist sie stark von den Auswirkungen des Klimawandels (bspw. zunehmende Dürreperioden) betroffen. Andererseits kann die Landwirtschaft durch hohe Emissionen selbst sowohl Treiber des Klimawandels sein, als auch durch natürlichen Klimaschutz und ökologische Leistungen zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen beitragen.
Klima-, Tier- und Gewässerschutz in der Landwirtschaft verursachen Kosten für die Betriebe und sind unter dem herrschenden dauerhaften Kostensenkungsdruck für Bäuerinnen und Bauern kaum leistbar. Bisher landen die Profite aus dem Lebensmittelverkauf allerdings meistenteils auf den Konten von Supermärkten, dem Online- und Zwischenhandel und der Ernährungsindustrie. Trotz teils inflationär steigender Verkaufspreise üben diese Akteure enormen Preisdruck entlang der gesamten Lebensmittelkette aus – einschließlich der globalen Lieferketten.
FORDERUNGEN DER INITIATIVE AN DEN BUNDESLANDWIRTSCHAFTSMINISTER CEM ÖZDEMIR UND DIE MITGLIEDER DES BUNDESTAGES:
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Schnellstmögliche Einrichtung einer unabhängige und weisungsungebundene Ombuds- und Preisbeobachtungsstelle
Die Ombudsstelle würde erstmalig Erzeugerpreise und Produktionskosten ermitteln sowie die Margen in der Lebensmittelkette und faire Preise berechnen. Sie soll Meldungen von unfairen Preisen und allen weiteren unfairen Handelspraktiken – auch von Betroffenen aus dem Globalen Süden – entgegennehmen und untersuchen. -
Anerkennung und Verbot der Zahlung unfairer Preise als unfaire Handelspraxis im Sinne des Agrarorganisationen- und Lieferkettengesetzes (AgrarOLkG)
Das Gesetz sollte alle Beteiligten in der Lebensmittelkette – einschließlich kleinbäuerliche Erzeuger*innen und Arbeiter*innen im Globalen Süden – vor jeglichen unfairen Handelspraktiken schützen und für alle Vertriebsschienen gelten. Die Evaluierung des Gesetzes in diesem Jahr bietet dafür die Gelegenheit. -
Gesetzliche Verankerung eines Verbots des Einkaufs unterhalb der Produktionskosten entlang der gesamten Lebensmittelkette
Ein solches Verbot – wie in Spanien seit 2020 als Gesetz verabschiedet und seit Dezember 2021 effektiv verankert – würde einen Paradigmenwechsel einleiten, indem eine ethische Preisgestaltung und eine faire Verteilung der Wertschöpfung von Landwirt*innen bzw. Produzent*innen bis hin zum Supermarkt gefördert werden. Existenzsichernde Erzeugerpreise und Löhne sollten nicht verhandelbar sein. -
Gesetzliche Festlegung, dass schriftliche Verträge einer jeden Lieferbeziehung zugrunde liegen müssen
In jedem Vertrag – ohne Ausnahme für Genossenschaften – müssen zumindest Preis, Menge und Zeitraum der zu liefernden Waren verbindlich und konkret festgehalten werden. Landwirt*innen sollten so wie alle anderen Wirtschaftsakteure ihre Leistungen abrechnen und in Rechnung stellen können. -
Sicherstellung, dass die mit effektivem Umwelt-, Klima- und Tierschutz und der Einhaltung von Menschen- und Arbeitsrechten verbundenen Kosten entlang der gesamten Lebensmittelkette weitergegeben werden können
Hierfür ist es erforderlich, das Verbot des Einkaufs unter Produktionskosten mit Qualitätskriterien wie zum Beispiel der Haltungskennzeichnung zu verknüpfen, so dass entsprechende kostendeckende Erzeugerpreisaufschläge umgesetzt werden können. Ebenso sollte eine transparente und verlässliche Herkunfts- und Regionalkennzeichnung ergänzt werden. -
Sicherstellung, dass die Regelsätze der Grundsicherung und der Mindestlohn im Falle von höheren Lebensmittelpreisen angehoben werden
Darüber hinaus sollte die Gemeinschaftsverpflegung mit (Bio-) Lebensmitteln aus der Weidehaltung und der Region gefördert werden.