Im Gerichtsverfahren zur gewaltsamen Vertreibung von rund 400 Kleinbauernfamilien zugunsten der Kaffeeplantage der Hamburger Neumann Kaffee Gruppe in Uganda hat das Hohe Gericht in Kampala eine Mediation bis zum 28. August angeordnet. Die Menschenrechtsorganisation FIAN fordert von der Bundesregierung, auf den Kaffeekonzern und die ugandische Regierung einzuwirken, sich in dem Verfahren kooperativ zu verhalten, damit die Rechte der Vertriebenen schnell wieder hergestellt werden können. Darüber hinaus appelliert FIAN an die Bundesregierung, den Vertriebenen humanitäre Hilfe zukommen zu lassen, da sie aufgrund des ausbleibenden Regens akut hungern.
2001 wurden rund 4.000 Menschen vom ugandischen Militär vertrieben. Das Land wurde der Neumann Kaffee Gruppe für den Aufbau der Kaweri Coffee Plantation übergeben. Die Vertriebenen streiten seitdem gerichtlich für Wiedergutmachung und Entschädigung. Am 1. Juli 2019 hat der Richter des Hohen Gerichts in Kampala im Verfahren gegen das Unternehmen und den ugandischen Staat bis zum 28. August 2019 ein Mediationsverfahren angeordnet. „Jetzt kann die Bundesregierung beweisen, dass sie ihre menschenrechtlichen Verpflichtungen in diesem Fall ernst nimmt“, erläutert FIAN-Referentin Gertrud Falk, die den Fall seit 2003 begleitet und in der vergangenen Woche vor Ort war. „Sie kann nun ihre Möglichkeiten nutzen, um die ugandische Regierung und das Unternehmen endlich zum Einlenken zu bewegen.
Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung einerseits die Hanns R. Neumann-Stiftung als Partner der Entwicklungszusammenarbeit lobt und gleichzeitig die andauernden Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit dessen ugandischen Tochterunternehmen untätig hinnimmt.“
FIAN ist darüber hinaus besorgt über den akuten Hunger unter den Vertriebenen: Ihnen fehlt aufgrund der Vertreibung ausreichendes Ackerland zum Anbau von Nahrungsmitteln. Zusätzlich sind sie nun schutzlos den Folgen des Klimawandels ausgesetzt. Der übliche Regen ist in dieser Anbausaison ausgeblieben, so dass Gemüse und Getreide nicht gewachsen sind. „Die Vertriebenen leben von der Hand in den Mund und können keine Lebensmittelreserven aufbewahren“, berichtet Gertrud Falk. „Vor allem Frauen und Kinder leiden unter Hunger und Mangelernährung.“ FIAN fordert die Bundesregierung daher auf, den Vertriebenen schnell humanitäre Hilfe zu leisten.
Der UN-Sozialausschuss hat 2015 seine Besorgnis über diese Vertreibung ausgedrückt sowie darüber, dass die Landrechte der Betroffenen weiterhin missachtet werden. Deutschland hat den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte ratifiziert, in dem das Recht auf Nahrung verfasst ist. Die Rechte des Pakts müssen auch außerhalb der eigenen Staatsgrenzen geachtet und gefördert werden. In seinem Rechtskommentar zu Wirtschaft und Menschenrechten weist der zuständige UN-Sozialausschuss darauf hin, dass Staaten verpflichtet sind, Verstöße gegen diese Rechte durch Unternehmen unter ihrer Kontrolle sowie deren Tochterunternehmen auch außerhalb der eigenen Staatsgrenzen zu verhindern und Abhilfe zu schaffen.
Kontakt:
Gertrud Falk, FIAN Deutschland, Tel. 0221-47 44 91-15, E-Mail: g.falk@fian.de
Weitere Informationen:
• Dokumentation des Falls
• Hintergrundbroschüre: Coffee to Go – die Vertreibung zugunsten der Kaweri Coffee Plantation in Mubende/Uganda und ihre Folgen
• Webseite des BMZ zur Initiative TEAM UP
• Empfehlungen des UN-Sozialausschusses an Uganda zu dieser Vertreibung , (Absatz 30)
• Empfehlungen des UN-Sozialausschusses an Deutschland zu Wirtschaft und Menschenrechten: „The Committee calls on the State party to ensure that its policies on investments by German companies abroad serve the economic, social and cultural rights in the host countries.“ (Absatz 10)
• 2018: „It [the committee] also recommends that the State party adopt a regulatory framework that ensures that all companies domiciled in the State party or under its jurisdiction identify, prevent and address human rights abuses in their operations not only in Germany but also abroad and that such companies can be held liable for violations.” (Absatz 8)
• Rechtskommentar des UN-Sozialausschusses zu Wirtschaft und Menschenrechten (Englisch)( Abschnitt C zu Extra-territorialen Staatenpflichten)