Der UN-Sozialausschuss hat einen Rechtskommentar zum Zusammenhang von Wissenschaft und Sozialen Menschenrechten veröffentlicht (“General Comment Nr. 25 on Science and economic, social and cultural rights”). Der General Comment befasst sich auch mit dem Recht auf Nahrung und ist daher für die Arbeit von FIAN relevant.
Die UN-Fachausschüsse veröffentlichen zur Auslegung der in den Menschenrechtsabkommen formulierten Artikel sogenannte General Comments (GC). Der UN-Sozialausschuss (CESCR) behandelt in seinem im April veröffentlichten GC Nr. 25 speziell die Auslegung von Artikel 15 des UN-Sozialpakts (ICESCR). Dieser befasst sich mit dem „Recht auf Teilhabe am kulturellen Leben und den Errungenschaften des wissenschaftlichen Fortschritts“.
Eine solche Teilhabe schließt den Zugang zu Technologien ein, die beispielsweise zur Förderung der Landwirtschaft genutzt werden können, sodass (Klein-)Bäuer*innen höhere Ernten erzielen können. Verdeutlicht wird dies in § 6 des General Comments. Die Wissenschaft und ihre Errungenschaften sollen direkt zum Allgemeinwohl beitragen, wozu auch die Ernährungssicherheit gehört.
Der gleichberechtigte Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen wird in § 17 gefordert: Der Staat müsse dafür Sorge tragen, dass jeder Person eine Nutzung ermöglicht wird, vor allem, wenn dadurch die Erfüllung der Rechte des ICESCR vorangetrieben werden kann.
In Paragraph 64 geht der Ausschuss auf das Recht auf Nahrung ein. Zwar ließen sich durch neue Technologien positive Effekte für die Ernährungssicherheit feststellen, zugleich werde jedoch die Abhängigkeit zu solchen Techniken erhöht. Auch müssten negative Umweltauswirkungen der „Grünen Revolution“ berücksichtigt werden. Der Ausschuss verweist darauf, dass im ländlichen Raum das Recht auf Selbstbestimmung (Art. 15, UN-Kleinbauernerklärung) erhalten bleiben soll. Produzent*innen sollten selbst entscheiden, welche Technologien sie anwenden wollen. Ebenso sollten Verfahren gefördert werden, die auch von einkommensschwachen Akteuren genutzt werden können und dabei sowohl die Biodiversität schützen als auch den Gehalt organischer Substanzen im Boden bewahren. Investitionen in die agrarwirtschaftliche Entwicklung sollen vor allem eine gesunde Ernährungsweise und ausreichende Nährstoffversorgung – weniger Zucker, Mais, Reis, Weizen – gewährleisten. Der Fokus müsse hierbei auf der Ernährung von Kleinkindern und Schwangeren liegen: Beispielsweise durch eine bessere Regulierung der Märkte für Muttermilchersatzprodukte, Schaffung von adäquaten Umgebungen für Stillende und Bereitstellung von Informationen über angemessene Ernährung (§ 66).
§ 39 verweist auf die Aufnahme des Wissens indigener Gemeinschaften, vor allem in Bezug auf Natur, Artenvielfalt und kollektiven Besitz. Auf internationaler Ebene sollen ihre Kenntnisse in wissenschaftliche Prozesse eingebunden werden. Die Staaten sind hierbei aufgefordert, dieses Wissen sowie die Identität der indigenen Menschen zu schützen (§ 40).
Zu den staatlichen Kernpflichten gehört auch die Priorisierung der Forschung in Bereichen mit hohem Bedarf an wissenschaftlichem Fortschritt. Das schließt gesundheitliche und ernährungsbezogene Aspekte mit ein. Forschung soll somit überall dort vorangetrieben werden, wo sie Einfluss auf die Erfüllung der im Pakt anerkannten Rechte haben kann (§ 52).
In Bezug auf privatwirtschaftliche Forschung und geistiges Eigentum verweist der GC darauf, dass bei Interessenkonflikten Mechanismen eingeführt werden sollten, die diese offenlegen und somit Transparenz schaffen (§ 59). Durch die Anerkennung von geistigem Eigentum könnten verschiedene Probleme auftreten: Forschungsgelder könnten hauptsächlich in profitable Bereiche fließen und die Rechte des Sozialpakts außenvorlassen. Ebenso kann die Verbreitung von Forschungsergebnissen durch die Bestimmungen zu geistigem Eigentum limitiert werden, was einen uneingeschränkten Zugang verhindere. Die Staaten sind dazu aufgefordert, ein Gleichgewicht zwischen geistigem Eigentum und dem öffentlichen Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen zu schaffen, sodass vor allem die im Sozialpakt anerkannten Rechte realisiert werden können (§ 62).