Inwieweit sind auch Finanzinstitutionen nach dem deutschen Lieferkettengesetz verpflichtet, in ihrem Kerngeschäft Menschenrechte zu achten und Umweltstandards einzuhalten?
Seit Januar 2023 gelten die Regeln des Lieferkettengesetzes in Deutschland für alle Unternehmen ab einer bestimmten Größe. Das schließt grundsätzlich auch Finanzunternehmen mit ein. Das für die Durchsetzung des Gesetzes zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) argumentierte allerdings in einer im August 2023 veröffentlichten sogenannten „Handreichung“, die verbindlichen Sorgfaltspflichten des Gesetzes seien für Finanzinstitutionen in Bezug auf ihr Kerngeschäft nicht verbindlich.
Das Rechtsgutachten kommt entgegen der BAFA-Handreichung zu dem Schluss, eine korrekte Auslegung des LkSG ergebe eindeutig, dass bei einer Reihe von Finanzprodukten in der Kundenbeziehung ein Zulieferungsverhältnis im Sinne des LkSG vorliege. Die Sorgfaltspflichten des LkSG gelten daher laut Gutachten für Finanzinstitute vielfach auch in Bezug auf ihr Kerngeschäft (also etwa die Kreditvergabe oder die Verwaltung von Investitionsvermögen). Die Handreichung des BAFA sei in ihrer derzeitigen Form rechtswidrig und müsse geändert werden.