Handbuch zu Extraterritorialen Staatenpflichten veröffentlicht / Lücken in deutscher Entwicklungspolitik müssen geschlossen werden
Heute wird in der Menschenrechtsstadt Nürnberg das „Routledge Handbook on Extraterritorial Human Rights Obligations“ vorgestellt. Die Herausgeber:innen und Autor:innen – unter ihnen die Menschenrechtsorganisation FIAN – leisten damit einen umfassenden Beitrag für die Anwendung und Durchsetzung von Menschenrechten in einer globalisierten Welt.
Die für die Menschenrechtspakte zuständigen UN-Ausschüsse haben im letzten Jahrzehnt eine Vielzahl von Vorgaben erarbeitet, wie menschenrechtliche Staatenpflichten über Grenzen hinweg konkret Anwendung finden müssen. Das erste umfassende Kompendium zu diesen extraterritorialen Staatenpflichten (ETOs) soll nun das Verständnis und die praktische Handhabe dieser Menschenrechtspflichten in Wissenschaft, Zivilgesellschaft und bei Regierungen verbessern.
„Wir erfahren in unserer täglichen Arbeit, dass sich Regierungsstellen gegen internationale Verpflichtungen wehren – typischerweise mit dem Verweis auf Gerichte vor Ort. Diese Abwehr eigener Pflichten ist menschenrechtlich aus der Zeit gefallen“, so Roman Herre, Agrarreferent der Menschenrechtsorganisation FIAN und Autor des Kapitels zur Rolle der Entwicklungszusammenarbeit. „Die Bundesregierung bekennt sich regelmäßig zu Menschenrechten und verweist auf ihr wertebasiertes Handeln. Die Glaubwürdigkeit wird aber unterhöhlt, wenn sie die internationalen Völkerrechtspflichten ausblendet.“
Im FIAN-Beitrag zur Entwicklungszusammenarbeit werden große Lücken, aber auch konkrete Handlungsoptionen für Zivilgesellschaft und staatliche Akteure aufgezeigt. „Die im Handbuch aufgezeigten Lücken decken sich mit den Ergebnissen des Deutschen Evaluierungsinstituts DEval, welches jüngst die Umsetzung der Menschenrechtsstrategien durch das Entwicklungsministerium (BMZ) untersucht hat. Laut DEval wird in der deutschen EZ der Menschenrechtsansatz nur teilweise umgesetzt“, erklärt Philipp Mimkes, Geschäftsführer von FIAN Deutschland. FIAN sieht daher Handlungsbedarf bei der neuen Leitung des BMZ. „Ein einfacher erster Schritt wäre die öffentliche Anerkennung extraterritorialer Pflichten durch die Ministerin. Aber auch konkrete Schritte wie die Unterstützung der Verhandlungen zum UN-Abkommen zu globalen Menschenrechtsregeln für Unternehmen und die Schaffung eines wirksamen europäischen Lieferkettengesetzes mit klaren Haftungsregeln sind dringend erforderlich“, so Mimkes weiter.
Informationen
Das Handbuch „The Routledge Handbook on Extraterritorial Human Rights Obligations”, herausgegeben von Mark Gibney, Gamze Erdem Türkelli, Markus Krajewski und Wout Vandenhole ist digital frei verfügbar.
Das Kapitel „Financialization of development cooperation. ETO responses“ von FIAN kann direkt hier runtergeladen werden.
DEval-Evaluierung „Menschenrechte in der deutschen Entwicklungspolitik“ findet sich hier.
Kontakt: Roman Herre r.herre@Fian.de; Philipp Mimkes p.mimkes@Fian.de