Die Menschenrechtsorganisation FIAN Deutschland begrüßt die gestern präsentierten Vorschläge des Bürgerrats „Ernährung im Wandel“, insbesondere die Empfehlung für kostenfreie und gesunde Mittagessen an Kitas und Schulen.
Philipp Mimkes, Geschäftsführer von FIAN: „Kostenlose Schulmahlzeiten sind ein entscheidender Hebel gegen Kinderarmut und ungesunde Ernährung. Schon der UN-Sozialausschuss hatte in seinen Empfehlungen an die Bundesregierung die unzureichende Ernährung vieler Schulkinder bemängelt. Mit einer Beschaffung aus lokaler und agrarökologischer Produktion, wie es zum Beispiel Brasilien vormacht, können flächendeckende Schulmahlzeiten zudem den Übergang zu einem nachhaltigen Ernährungssystem befördern. Neben einer ausreichenden Finanzierung werden hierfür Standards in Bezug auf Saisonalität, Frische, ökologische Produktion und Tierwohl benötigt“.
Die Vorbeugung ernährungsbedingter Krankheiten wie Adipositas oder Diabetes entlastet langfristig auch die öffentlichen Gesundheitssysteme. Für die Umsetzung fordert FIAN die Bereitstellung ausreichender öffentlicher Mittel – Beispiele aus Estland, Kroatien oder Schweden zeigen, dass dies möglich ist. „Das öffentliche Beschaffungswesens sollte klare Liefervorgaben enthalten, die sich nicht allein am niedrigsten Preis orientieren und die für kleinbäuerliche Betriebe leichter zugänglich werden. So kann ein Beitrag zum Erhalt regional eingebetteter und nachhaltiger landwirtschaftlicher Strukturen geleistet werden“, so Mimkes weiter.
Kostenlose Schulmahlzeiten sind auch ein wichtiger Baustein zur Gewährung des Rechts auf Nahrung. Denn die steigenden Lebensmittelpreise machen es für einkommensschwächere Haushalte immer schwieriger, die tägliche gesunde Ernährung ihrer Kinder zu gewährleisten. Dies wird deutlich in einem kürzlich veröffentlichten Rechtsgutachten der Hamburger Kanzlei Rechtsanwälte Günther Partnerschaft, die im Auftrag der Bundestagsfraktion DIE LINKE die Bürgergeldregelbeiträge auf einen Verstoß gegen das Recht auf Nahrung untersucht haben.
Laut Gutachten beträgt der derzeitige Anteilsbetrag im Bürgergeld für Ernährung bei Kindern je nach Alter zwischen 3,43 und 6,09 Euro pro Tag. Dies ist unzureichend für eine gesunde Ernährung. Unterstützt wird dies durch Studien, welche gerade bei Kindern erhebliche Bedarfsunterdeckungen in der Ernährung festgestellt haben. Dies zieht erhebliche Konsequenzen für armutsbetroffene Kinder nach sich, da eine Mangelernährung in der Kindheit zu irreparablen Entwicklungsstörungen, wie Wachstumsstörungen und Beeinträchtigungen in der kognitiven Entwicklung führen kann. „Das Menschenrecht auf Nahrung schreibt vor, dass eine gesunde und nährstoffreiche Ernährung kein Privileg, sondern ein grundlegendes Menschenrecht ist. Um zu verhindern, dass die Verwirklichung dieses Rechts von der finanziellen Situation von Einzelnen abhängt, sind kostenlose Schulmahlzeiten ein erforderlicher Schritt“ so Mimkes abschließend.
Hier zum Gutachten: „Ist die Höhe des Bürgergeldes mit dem Recht auf angemessene Ernährung nach Art. 11 Abs. 1 des UN-Sozialpakts vereinbar?“