Ein breites Bündnis von über 30 Organisationen -darunter auch FIAN Deutschland- hat am 26. Juni Einspruch gegen das Patent auf Lachs und Forellen (EP1965658) eingelegt. Das Bündnis fordert einen vollständigen Widerruf des Patentes, das keine technische Erfindung sei, sondern viel eher den Charakter Fake-Erfindung aufweise.
Im Patent werden Lachse und Forellen beansprucht, die mit bestimmten Pflanzen gefüttert werden, um den Anteil von ungesättigten Fettsäuren in deren Muskelgewebe zu erhöhen. Diese gelten als besonders gesundheitsfördernd. Dazu sollen Pflanzen wie die bekannten Wildgemüsearten Borretsch und Natternkopf oder auch Nachtkerze und Schwarze Johannisbeeren eingesetzt werden. Dass diese Pflanzen natürlicherweise hohe Konzentrationen geeigneter Fettsäuren enthalten, ist aber nicht neu.
Dem Einspruch angeschlossen haben sich AGU – Arbeitsgemeinschaft der Umweltbeauftragten in der EKD, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Arche Noah – Gesellschaft für die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt und ihre Entwicklung, Bauernbund, Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V., biorespect, Brot für die Welt, BUND Naturschutz in Bayern e.V., EDL- Evang. Dienst auf dem Lande, FIAN Deutschland, Gen-ethisches Netzwerk, Genussgemeinschaft Städter und Bauern e.V., Gesellschaft für ökologische Forschung, GLOBAL 2000, IG Nachbau – Gegen Nachbau-Gebühren, Katholische Landvolk Bewegung Freiburg, Kein Patent auf Leben!, Landbauschule Dottenfelderhof e.V. – Forschung & Züchtung, Menschen für Tierrechte -Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V., Oxfam, Plataforma Transgénicos Fora, Public Eye, ProRegenwald, ProSpecieRara, Sambucus, Sativa, Save Our Seeds, Slow Food Deutschland, SWISSAID, Umweltinstitut München, Verband Katholisches Landvolk, WeMove Europe, Zivilcourage Bad Tölz-Wolfratshausen und Miesbach und die Zukunftsstiftung Landwirtschaft.
„Die ‚Erfindung‘ besteht darin, Fische mit Pflanzen zu füttern, von denen bereits bekannt war, dass sie dafür besonders geeignet sind. Eine echte erfinderische Leistung liegt nicht vor. Vielmehr muss man von einer reinen Fake-Erfindung sprechen“, sagt Ruth Tippe von Keine Patente auf Saatgut! „Hier werden natürliche und biologische Verfahren zur Produktion von Tieren beansprucht, deren Patentierung sogar ausdrücklich verboten ist.“
Es ist zu befürchten, dass dieser Präzedenzfall erhebliche Auswirkungen haben kann: Eine aktuelle Recherche zeigt, dass bereits mehrere Patentanträge eingereicht sind, die ebenfalls darauf abzielen, Lebensmittel, die von Tieren stammen als ‚Erfindungen‘ zu beanspruchen. Dabei handelt es sich auch um Fleisch und Milch, die von Kühen stammen, die mit ausgewählten Pflanzen gefüttert werden sollen.
Eigentlich ist die Patentierung von „im Wesentlichen biologischen Verfahren“ durch das Europäische Patentrecht ausgeschlossen. Doch derzeit herrscht hier am Europäischen Patentamt erhebliche Unklarheit: Ein Beschluss der 38 Vertragsstaaten, nach dem herkömmlich gezüchtete Pflanzen und Tiere nicht mehr patentiert werden dürfen, war lückenhaft und wurde im Dezember 2018 von einer Beschwerdekammer des EPA für ungültig erklärt. Daraufhin schaltete der Präsident des EPA die höchste gerichtliche Instanz des Amtes ein, die sogenannte Große Beschwerdekammer, und legte ihr Fragen zur Entscheidung vor. Das Verfahren (G3/19) wurde inzwischen gestartet, wann und wie eine Entscheidung fallen wird, ist aber unklar. Heute treffen sich die VertreterInnen der 38 Vertragsstaaten am EPA in München. „Keine Patente auf Saatgut!“ hatte um ein Treffen mit den Delegationen gebeten, wurde aber nicht zugelassen. Die Industrie und die Lobby der Patentanwälte dürfen dagegen als Beobachter am Treffen teilnehmen.
„Diese ständigen Treffen unter Ausschluss der Öffentlichkeit sind nicht hinnehmbar. Sobald die neue deutsche Bundesjustizministerin Christine Lambrecht im Amt ist, muss sie sich mit Nachdruck darum kümmern, dass das laut Koalitionsvertrag angestrebte Verbot der Patentierung von Pflanzen und Tieren auch umgesetzt wird. Das Patent auf Lachse und Forellen zeigt erneut die Dringlichkeit, hier endlich wirksame Maßnahmen zu ergreifen“, fordert Richard Mergner, Landesvorsitzender des BUND Naturschutz.
Keine Patente auf Saatgut! fordert, dass die Politik sich ihrer Verantwortung stellt, um falls nötig auch die Gesetze zu ändern. In Zukunft müsse es ausgeschlossen werden, dass Patente auf herkömmlich gezüchtete Pflanzen und Tiere erteilt werden, auch wenn diese mit speziellen Pflanzen gefüttert werden. Befürchtet wird, dass derartige Patente vor allem großen Konzernen wie Bayer nutzen werden, um die Kontrolle über die Landwirtschaft und Produktion von Lebensmitteln zu übernehmen.
Kontakt:
• Ruth Tippe, Keine Patente auf Saatgut!, tippe@keinpatent.de, +49 1731543409
• Richard Mergner, Landesvorsitzender BUND Naturschutz, buero.landesvorsitzender@bund-naturschutz.de, +49 171-6394370
• Verena Schmitt, Umweltinstitut München e.V., vs@umweltinstitut.org, +49 176 34383879
• Judith Düesberg, Gen-ethisches Netzwerk e.V., judith.dueesberg@gen-ethisches-netzwerk.de, +49 15756631418
• Sylvia Hamberger, Gesellschaft für ökologische Forschung, hamberger@goef.de, +49 171 7181786
• Johanna Eckhardt, Keine Patente auf Saatgut!, johanna.eckhardt@no-patents-on-seeds.org, +43 6802126343
• Christoph Then, Keine Patente auf Saatgut!, info@no-patents-on-seeds.org, +49 151 54638040
Weitere Informationen:
Text des Patentes
Text des Einspruches
Hintergrund: Patente auf Nutztiere
Link zum Verfahren G3/19
Bildmaterial:
Delegation der Verbände reicht den Einspruch am EPA in München ein