Das EU-Lieferkettengesetz ist noch nicht vom Tisch. Zwar hat der Ausschuss der Ständigen Vertreter in Brüssel des EU-Ministerrats (COREPER) die für heute geplante Aussprache über das Gesetz vertagt, doch es soll weiter verhandelt werden. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte in den vergangenen Wochen massiv gegen das EU-Lieferkettengesetz Stimmung gemacht und Unsicherheit bei anderen Mitgliedsstaaten verursacht.
Johannes Heeg, Sprecher der Initiative Lieferkettengesetz kommentiert:
„Bundesjustizminister Marco Buschmann hat nichts unversucht gelassen, das EU-Lieferkettengesetz zu stoppen. Mit Falschbehauptungen und einem massiven Foulspiel hat er versucht, Unsicherheit bei anderen EU-Mitgliedstaaten zu verbreiten. Damit lassen sich Kanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck bei einem der wichtigsten Menschenrechts- und Umweltvorhaben der EU gerade von der FDP am Nasenring durch die Manege ziehen.
Viele aus SPD und Grünen sind erst spät aufgewacht – doch es ist noch nicht zu spät: Bundeskanzler Olaf Scholz muss jetzt Farbe bekennen, ob ihm Menschenrechte und Klimaschutz wichtiger sind – oder die ungebremste Profitgier von Unternehmen. Der Kanzler muss seine Richtlinienkompetenz nutzen und Deutschlands Gesicht in der EU wahren. Wir erwarten, dass er alles unternimmt, damit das EU-Lieferkettengesetz erfolgreich verabschiedet wird.
In den kommenden Verhandlungstagen muss sich die Bundesregierung unmissverständlich positionieren: Deutschland steht für Menschenrechte, Klima- und Umweltschutz ein. Das Gesetz darf auf keinen Fall weiter ausgehöhlt werden: Schon jetzt hat die FDP dafür gesorgt, dass der aktuelle Gesetzesvorschlag geschwächt wurde. Die belgische Ratspräsidentschaft muss darauf beharren, dass das Gesetz Menschenrechte, Umwelt und Klima wirksam vor unverantwortlich handelnden Unternehmen schützen kann. Auf die Unterstützung von Deutschland für dieses Vorhaben muss sich die EU ein für alle Mal verlassen können.
Mit seinen Versuchen, das EU-Lieferkettengesetz zu sabotieren, hat Justizminister Buschmann gezeigt, dass die großen Wirtschaftsverbände offenbar ungehindert seine Politik bestimmen können – selbst wenn er damit gegen die Interessen von Unternehmen wie Bayer, Aldi Süd oder KiK agiert. Dieses Vorgehen schadet nicht nur Menschenrechten und Klimaschutz, sondern auch der deutschen Wirtschaft und Deutschlands Ansehen als verlässlicher Partner in der EU.“
Die deutsche Bundesregierung war seit 2021 maßgeblich an den Verhandlungen zur Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), dem sogenannten EU-Lieferkettengesetz, beteiligt. EU-Parlament, Rat und Kommission haben die finalen Verhandlungen (Trilog) im Dezember 2023 erfolgreich abgeschlossen und dem Gesetzestext zugestimmt. Nach Abschluss des Trilogs gelten weitere Zustimmungen in der EU üblicherweise als reine Formsache. Im Januar 2024 folgte dennoch die Kehrtwende der FDP mit dem Aufruf an die Bundesregierung, die Zustimmung zum Gesetz zu verweigern – obwohl die FDP, insbesondere Bundesjustizminister Marco Buschmann, viele Positionen in den finalen Kompromiss einbringen konnte. Die belgische Ratspräsidentschaft hat die heutige Aussprache zum Gesetzesvorhaben augenscheinlich verschoben, um noch einmal mit einzelnen Mitgliedsstaaten in finale Verhandlung zu gehen und den Kompromiss erfolgreich und zeitnah abzuschließen.“
Die FDP nutzte in der Debatte zuletzt zahlreiche Falschbehauptungen, um Stimmung gegen das Gesetz zu machen. Trotz weiterer Kompromissvorschläge, u.a. durch Arbeitsminister Heil, rückte die FDP nicht von ihrer Position ab. Die deutsche Enthaltung bei EU-Gesetzesvorhaben ist in Brüssel bekannt und wird dort bereits als “German Vote” betitelt.
Noch am vergangenen Dienstag hatten 21 Unternehmen und Netzwerke, darunter ALDI SÜD, Bayer, Mars, KiK, Tchibo, VAUDE, FRoSTA und die Global Network Initiative, den Bundeskanzler in einer gemeinsamen Erklärung dringend aufgefordert, den im Dezember 2023 erzielten CSDDD-Kompromiss zu sichern.
Eine Petition zur Aufforderung an Olaf Scholz, sich für das EU-Lieferkettengesetz einzusetzen, findet ihr hier.
FIAN unterstützt den Aufruf an Bundeskanzler Scholz.