Gemeinsame Erklärung zum aktuellen UN-Staatenberichtsverfahren zu den sozialen Menschenrechten
Die Bundesregierung hat kürzlich (verspätet) dem UN-Sozialausschuss den 6. Deutschen Staatenbericht zu den im UN-Sozialpakt zugesicherten Rechten vorgelegt. In dem Berichtsverfahren wird geprüft, ob und wie diese Rechte umgesetzt werden – also das Recht auf Arbeit, das Recht auf soziale Sicherheit, das Recht auf Gesundheitsversorgung sowie die Rechte auf Bildung, angemessene Nahrung und Wohnung. Auch diesmal ist die Zivilgesellschaft aufgerufen, zum Staatenbericht Stellung zu beziehen, damit der UN-Sozialausschuss die kritischen Anmerkungen in seine Empfehlungen an die deutsche Regierung aufnehmen kann.
Eine wesentliche Kritik wird die ausstehende Unterzeichnung des Zusatzprotokolls zum UN-Sozialpakt sein. Die Bundesregierung hierzu: „In dieser Legislaturperiode wurde das Prüfverfahren zur Ratifizierung neu eingeleitet. Angesichts der weitreichenden Implikationen des Sozialpaktes ist die Prüfung der Ratifizierung komplex und deshalb noch nicht abgeschlossen.“
Dieser Erklärungsversuch ist völlig unzureichend. Bereits im Jahr 2008 hat die UN-Generalversammlung das Zusatzprotokoll zum Sozialpakt beschlossen, auf dessen Basis sich Einzelpersonen nach Erschöpfung des nationalen Rechtsweges bei der UN wegen Verstößen gegen soziale Menschenrechte beschweren können. Inzwischen wurde es von 22 Staaten ratifiziert, darunter Frankreich, Spanien und Italien. Deutschland gehört bisher nicht dazu, obwohl es zu allen anderen Menschenrechtsabkommen die jeweiligen Beschwerdeverfahren anerkannt hat.
Die individuellen Freiheits- und Bürgerrechte können nur verwirklicht werden (so die Präambel zum UN-Sozialpakt, dessen 50 jähriges Bestehen 2016 gefeiert wurde, vgl. unsere gemeinsame Erklärung), „wenn Verhältnisse geschaffen werden, in denen jeder seine wirtschaftlichen, sozialen wie kulturellen Rechte ebenso wie seine bürgerlichen und politischen Rechte genießen kann.“ Dies ist in Zeiten zunehmender sozialer Spaltung aktueller denn je.
Wir rufen auch im Hinblick auf die Bundestagswahlen dazu auf, sich für die Umsetzung der sozialen Menschenrechte in Deutschland einzusetzen und damit die Voraussetzungen zu schaffen für eine soziale Gerechtigkeit, die ihren Namen verdient. Dazu könnten dienen die Unterstützung der Schattenberichte an die Bundesregierung und kritische Interventionen zur Bundestagswahl mit „Wahlprüfsteinen“ und Anfragen an die Parteien über Abgeordnetenwatch.
Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes: „In Zeiten sozialer Spaltung beobachten wir mit Sorge, wie in der deutschen Politik und Öffentlichkeit die Sensibilität für Menschenrechte nachlässt. Die sozialen Menschenrechte müssen endlich stärkere Beachtung finden. Wachsende Armut und Ausgrenzung müssen auf solider Grundlage bekämpft werden können. Die Ratifizierung des Zusatzprotokolls und die Erfüllung der Forderungen der Schattenberichte wären eine wichtige Botschaft an die Bevölkerung.“
Ansprechpartner: Eberhard Schultz, Tel.: 030-34662393, info(ät)sozialemenschenrechtsstiftung.org
Weitere Informationen: www.sozialemenschenrechtsstiftung.org
Dies ist eine gemeinsame Pressemitteilung der Partnerorganisationen FIAN Deutschland e.V., Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband – Gesamtverband e. V., Internationale Liga für Menschenrechte e.V., Humanistische Union, Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW), Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e.V. und Eberhard-Schultz-Stiftung für soziale Menschenrechte und Partizipation.