Einem 120 Millionen US Dollar-Projekt der Weltbank zur Finanzierung des Landtitelprogramms im brasilianischen Bundesstaat Piauí wird vorgeworfen, Landraub und die Ausweitung von Monokulturen zu befördern. Eine von den betroffenen Gemeinden eingereichte Beschwerde wurde kürzlich vom Inspection Panel der Bank zurückgewiesen.
In einem Offenen Brief fordert FIAN International die Weltbank auf, menschenrechtliche Verantwortung für das Projekt “Piauí: Pillars of Growth and Social Inclusion” zu übernehmen. Das Schreiben wird von über 20 Organisationen unterstützt, darunter ActionAid International, Friends of the Earth USA und Grassroots International.
Dem Projekt wird vorgeworfen, Landraub zu fördern und zu legitimieren. Ländliche Gemeinden in der Region MATOPIBA wurden Opfer von Vertreibung, Gewalt und Zerstörung ihrer Ökosysteme. Diese wurden durch Landspekulation und die Ausbreitung der industriellen Landwirtschaft ausgelöst. Um den Landraub, der teilweise durch europäische und US-amerikanische Pensionskassen finanziert wird, zu legalisieren, nutzen die Unternehmen und Großgrundbesitzer auch das von der Weltbank mitfinanzierte Landregistrierungsprogramm.
Alleine im Bundesstaat Piauí sind 11.000 Bauern von Zwangsvertreibung betroffen. Vier Millionen Hektar Land wurden privatisiert und von internationalen Unternehmen in Beschlag genommen. Durch ausländische Pensionsfonds – darunter das US-amerikanische Schwergewicht TIAA – sind Hunderte Millionen Dollar in der Region investiert worden. Das Ackerland selbst wird über brasilianische Zwischenhändler erworben. Interne Dokumente zeigen, dass sich die Weltbank des Umfangs der Landnahme und ihrer Auswirkungen in der Region bewusst ist.
Mehrere Gemeinden aus dem Süden des Bundesstaats reichten im Dezember 2019 eine Beschwerde bei der Weltbank ein und forderten einen Kurswechsel, damit Landraub und die Zerstörung der Öko-Systeme gestoppt werden. In einem Antwortbrief wies das Management der Weltbank jegliche Verantwortung zurück, da die Vorfälle außerhalb der Einflussmöglichkeiten der Bank lägen. Nach einer Recherche vor Ort durch den bankinternen Untersuchungsausschuss pflichtete dieser der Darstellung bei und bestritt die Notwendigkeit einer tiefergehenden Untersuchung.
„Die Weltbank und ihr Untersuchungsausschuss behaupten, dass die Projektfinanzierung nicht dazu benutzt wurde, Landraub zu legalisieren oder Landtitel an Großgrundbesitzer auszustellen. Jedoch existieren klare Verbindungen zwischen diesem Projekt und der derzeitigen Landraubdynamik sowie der Zerstörung des Ökosystems im Bundesstaat Piauí“, so Philip Seufert von FIAN International berichtet.
Obwohl brasilianische Gesetze das Recht auf Land traditioneller Gemeinschaften ausdrücklich anerkennt, wird dieses Recht nicht effektiv geschützt. Das kürzlich verabschiedete Landrecht von Piauí betont sogar, dass traditionelle Gemeinschaften bei der Registrierung und Vergabe von Landtiteln bevorzugt werden müssen. Aufgrund des öffentlichen Drucks betroffener Gemeinden bezog die Weltbank 2018 acht dieser Gemeinschaften in ihr Landregistrierungsprogramm mit ein. Jedoch erhielt bis heute keine den beantragten kollektiven Landtitel.
„Wir erwarten, dass die Weltbank mit der Regierung von Piauí kooperiert, um die Registrierung ländlicher Gemeinden zu garantieren, besonders derer die am meisten von Vertreibungen bedroht sind. Darüber hinaus fordern wir einen Stopp der Vergabe von Landtiteln an Großgrundbesitzer und Agrarkonzerne“, fordert Felipe Bley-Folly von FIAN International. „Die Weltbank ist eine UN-Institution und somit an die Einhaltung der Menschenrechte gebunden, was auch das Recht auf Land und natürliche Ressourcen für traditioneller Gemeinschaften miteinschließt, wie sie die Erklärung der Rechte der Bauern und Landarbeiter der UN (UNDROP) festschreibt.“
Der Offene Brief: http://www.fian.org/files/files/Statement_WorldBank-InspectionPanel_Piaui_20200804_final.pdf
Studie zu Investitionen deutscher Pensionskassen in der Region MATOBIPA