Am 8. August 2019 hat der Weltklimarat (IPCC) seinen neusten Bericht zu Klimawandel und Landnutzung vorgestellt. Der mehrere hundert Seiten lange Bericht speist sich aus rund 7.000 ausgewerteten wissenschaftlichen Arbeiten.
Im Vordergrund steht dabei die wechselwirkende Verflechtung von land- und forstwirtschaftlich bedingten Treibhausgas-Ausstößen, anthropogenem (menschlich verursachtem) Klimawandel, sowie der weltweiten Degradation von Landökosystemen. Besonders die Ernährungssicherheit sei durch dieses Wirkungsgeflecht nach aktuellem Stand bedroht. Der Bericht ist eine Ohrfeige für die deutsche und EU-Agrarpolitik, die vor allem klimaschädliche, einseitig auf Massenproduktion ausgerichtete Landwirtschaft fördern. Die Wissenschaftler*innen empfehlen dagegen agrarökologische Ansätze. Darüber hinaus stützt der Bericht menschenrechtliche Forderungen nach Partizipation der am stärksten betroffenen und ausgegrenzten Bevölkerungsgruppen an der Entwicklung und Durchführung von Klimaschutzpolitik und Anpassungsprojekten.
Direkt zu Beginn zeichnet der Bericht ein Bild der vordringlichen Bedeutung von gesunden Landsystemen für das unmittelbare wie zukünftige Wohlergehen von Menschen, Tieren und Pflanzen. Terrestrische Ökosysteme, so hebt der Bericht warnend hervor, bilden die Hauptquellen für Trinkwasser und Nahrung, und sind damit unentbehrlich für den Fortbestand biologischer und ökologischer Vielfalt. Gleichzeitig fungieren Land- und Forstbiosphären über ihre Böden und Vegetation auch als natürliche Treibhaussenken und sind damit in der Lage, die dramatischen Auswirkungen der Erderwärmung zumindest teilweise abzudämpfen.
Seit Beginn der Industrialisierung ist die Lufttemperatur an den Landoberflächen aber nahezu doppelt so stark in die Höhe geschossen wie die des globalen Durchschnitts. Dies hat bereits zu weitflächiger Degradation von Land- und Forstbiosphären, Erosionen von Böden und Küsten, explosionsartige Wüstenausbreitungen, massenhafte Vegetations- und Artenverluste, Auftauen von Permafrostböden, Wasserverluste sowie die Zunahme von Extremwetterereignissen wie Waldbränden und Stürmen geführt. Diese Folgen werden weiter zunehmen. All das birgt nicht nur Belastungen für die Landsysteme als solches, sondern gefährdet auch zunehmend die Zukunft des weltweiten Trinkwasser- und Ernährungssystems.
Dabei sei das Ernährungssystem aber nicht nur Opfer, sondern zur gleichen Zeit auch direkter Verursacher dieser verheerenden Entwicklung. Denn laut Sonderbericht stammen rund 23% der gesamten anthropogenen Treibhausemissionen im Zeitraum von 2007-2016 aus der agrar- und forstwirtschaftlichen Landnutzung. Rechnet man die Treibhausgas-Ausstöße durch die Nahrungsmittelproduktion hinzu, so beläuft sich dieser Wert sogar auf bis zu 37%. Rund 70% der globalen eisfreien Landoberfläche werden dabei durch die menschliche Nutzung kurz- oder langfristig beeinflusst – nicht selten mit vernichtenden Wirkungen. Und da viele dieser Folgen mit hoher Wahrscheinlichkeit die Erderhitzung zusätzlich verstärken, ist die Diagnose eindeutig: sollen die Auswirkungen der Untätigkeit auf Ökosysteme und Menschen vermieden werden, so ist eine sofortige umfassende politische und wirtschaftliche Kehrtwende unentbehrlich. Dazu gehört die radikale Umstellung des gegenwärtigen, auf ressourcen-, wasser- und flächenfressender Tierwirtschaft basierenden Ernährungssystems auf ein nachhaltiges und effizientes Landmanagementsystem sowie die rasche Wiederherstellung degradierter Ökosystemdienstleistungen. Der Weltklimarat schlägt dazu explizit agrarökologische Ansätze vor.
Zentral dabei ist, so der Bericht, auch immer die Einbeziehung lokaler Interessensvertreter*innen – und insbesondere jene, die gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels am verwundbarsten sind: indigene Völker, lokale Gemeinschaften, Frauen sowie arme und marginalisierte Bevölkerungsgruppen.