Trotz vielfacher Aufforderungen, die UN-Erklärung zu unterstützen, hat Deutschland sich bei der Abstimmung enthalten und die EU für sich sprechen lassen. Diese hat als Grund für die Enthaltung der meisten EU-Mitglieder Vorbehalte gegen die Rechte auf Land, Saatgut und Ernährungssicherheit sowie gegen kollektive Rechte angegeben. Weiterhin sehe sie keine ausreichende Übereinstimmung mit multinationalen Abkommen, insbesondere Umweltabkommen.
21. November 2018
Exzellenz,
während ich Ihnen heute schreibe, werden Menschenrechte von einer Gewalt bedroht, die die Grundlagen allen Lebens auf diesem Planeten anficht, den wir uns teilen.
Die Ergebnisse des Sonderberichts des Weltklimarats zur Globalen Erwärmung um 1,5°C könnten nicht deutlicher sein. Der Klimawandel beeinträchtigt bereits das Leben der Menschen, die effektive Wahrnehmung ihrer Rechte und das Ökosystem, von dem wir alle abhängen. Um die Zukunft der
Menschheit durch Vorbeugen der schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels zu bewahren, ist es erforderlich, dass die internationale Gemeinschaft zusammenarbeitet, um jetzt effektive, ambitionierte, dringende, menschenrechtsbasierte Maßnahmen zum Klimaschutz zu ergreifen.
Im nächsten Monat werden die Staaten und andere Interessenvertreter in Katowice in Polen zusammenkommen, um eine Reihe wichtiger Entscheidungen zum Arbeitsprogramm des Pariser Abkommens unter der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2015 zu treffen. Diese Entscheidungen werden die Klimamaßnahmen unter dem Pariser Abkommen bis in unbestimmte Zukunft regeln.
Es ist entscheidend, dass die Ergebnisse der COP 24 in Katowice in konkreten Verpflichtungen verankert werden, um die Menschenwürde und –rechte aufrechtzuhalten, um dem Vermächtnis und Ziel des Pariser Abkommens gerecht zu werden, wie auch den Bemühungen der Welt, nachhaltige Entwicklung zu erreichen und extreme Armut auszurotten.
Wir müssen unseren Blick auch über die COP 24 hinaus auf die Umsetzung des Pariser Abkommens in den kommenden Jahren richten. Im Verlauf der nächsten beiden Jahre werden viele Regierungen die Möglichkeit haben, ihre ersten National festgelegten Beiträge1 zu übermitteln oder zu aktualisieren. Dies gibt Ihrer Regierung die Gelegenheit, die Verpflichtungen ihres anfänglich intendierten Beitrags zu verstärken. Ich bitte alle Behörden dringend darum, einen solchen Schritt vordringlich in Betracht zu ziehen. Wir wissen, dass die Summe aller national festgelegten Beiträge der Staaten uns auf Kurs zur Erderwärmung von rund 3°C ansteuert, mehr als das Doppelte des Ziels, das die internationale Gemeinschaft vereinbart hat, um die Bemühungen vor drei Jahren in Paris fortzusetzen.
Die Folgen dieses Ausmaßes des Klimawandels sind unvorstellbar. Gesamte Nationen, Ökosysteme, Völker und Lebensweisen könnten schlicht aufhören zu existieren. Und unzählige Leben werden irreparabel geschädigt, angefangen mit jenen Menschen, die bereits diskriminiert werden, sei es aufgrund ihres Geschlechts, ihres wirtschaftlichen Status, weil sie Angehörige von indigenen Völkern oder von Minderheiten sind, weil sie Migrant*innen oder Binnenflüchtlinge sind, aufgrund ihres Alters oder weil sie Menschen mit Behinderungen sind.
1 zur Treibhausgas-Reduzierung [Einfügung zur Erläuterung von FIAN Deutschland] Staaten haben eine menschenrechtliche Pflicht zu versichern, dass jene Menschen, die vom Klimawandel betroffen sind, insbesondere in anfälligen Situationen, Zugang zu effektiver Wiedergutmachung und den notwendigen Mitteln zur Anpassung haben, um ein Leben in Würde führen zu können. Sie haben auch eine Pflicht, ihre Verpflichtungen zum Klimaschutz zu verstärken, um den schlimmsten Folgen des Klimawandels vorzubeugen. Um diese Ziele zu erreichen, müssen Staaten einzeln und gemeinsam Treibhausgas-Emissionen regulieren, angemessene Ressourcen für Klimaschutz und –anpassung mobilisieren, und bei Klimamaßnahmen die sinnvolle Partizipation aller
betroffenen Personen sicherstellen.
Ich bin dem Kampf zur Aufrechterhaltung der Rechte von Millionen von Menschen, die vom Klimawandel bedroht sind, zutiefst verpflichtet, jetzt und in den kommenden Jahren. Mein Büro wird den Mitgliedsstaaten jede mögliche Unterstützung bei der Verhandlung und Umsetzung von menschenrechtsbasierten Klimaschutzmaßnahmen in diesem entscheidenden Kampf zur Verfügung stellen.
In diesem Sinne ist mein Büro bereit, zu einer Reihe von entscheidenden Maßnahmen zum Schutz der Menschenrechte bei Klimamaßnahmen zu beraten, wenn dies hilfreich sein sollte. Wir werden weiterhin mit Regierungen und anderen Interessenvertreter*innen zusammenarbeiten, um Klimaschutzmaßnahmen und ein Ergebnis der COP24 zu fördern, dass sowohl den Menschen als auch dem Planeten nutzt.
Exzellenz, bitte akzeptieren Sie die Zusicherung meiner Hochachtung.
Michelle Bachelet
Hohe Kommissarin für Menschenrechte
(nicht-offizielle Übersetzung aus dem Englischen von FIAN Deutschland)