In Kambodscha ist der Mikrofinanzsektor im Lauf der letzten Jahre zu einer profitablen Multimilliarden-Dollar-Industrie herangewachsen. Mehr als zwei Millionen Kambodschaner*innen – rund 20 % der erwachsenen Bevölkerung – stehen derzeit bei auf Mikrofinanzdienstleistungen spezialisierten Kreditinstituten (Mikrofinanzinstitute, MFI) in der Kreide.
FIAN veröffentlicht Video mit Interviews: https://youtu.be/D-ttfWUyJ70
In Folge der mangelnden Regulierung des Sektors, hoher Jahreszinssätze von bis zu 30 % (seit 2017 nach öffentlichem Druck auf 18 % gekappt) und des aggressiven Vorgehens der MFI sind viele Mikrokreditnehmer*Innen von Überschuldung betroffen. Mehr als die Hälfte der Kredite in Kambodscha ist durch Landtitel besichert. Vielen überschuldeten Familien droht somit der Verlust ihres Landes und damit ihrer Existenzgrundlage. Mangelernährung und Kinderarbeit sind oftmals die Folge.
Im vergangenen Jahr untersuchten die kambodschanischen Partnerorganisationen LICADHO und STT solche erzwungenen Landverkäufe und weitere Menschenrechtsverletzungen im Mikrofinanzsektor und veröffentlichten Interviews mit betroffenen Kambodschaner*innen. Aktuell verschärft sich die Lage für die von Überschuldung betroffenen Familien aufgrund der Covid-19-Pandemie nochmals dramatisch.
FIAN veröffentlicht heute eine deutsche Version der von LICADHO erstellten Videos, um auf diese Problematik aufmerksam zu machen. Der Mikrofinanzsektor in Kambodscha bedarf dringender Reform, allen voran eine Abkehr von der Nutzung von Landtiteln als Sicherheit für Kredite. Um die Folgen der Corona-Krise in Kambodscha abzufedern und eine Pfändungswelle zu verhindern, sollten zudem Kreditrückzahlungen für einige Monate ausgesetzt werden.