Vom 8. – 11. Juni 2015 befasste sich der UN-Sozialausschuss in Genf mit der Menschenrechtslage in Uganda. FIAN hatte dazu bereits im letzten Jahr einen Bericht über die schweren Menschenrechtsverletzungen in Folge der Vertreibung von vier Dörfern durch die ugandische Armee im Bezirk Mubende eingereicht. Rund 4.000 Menschen sind 2001 gewaltsam vertrieben worden, weil die ugandische Regierung ihr Land der Kaweri Coffee Plantation Ltd. verpachtet hat, einer Tochterfirma der Hamburger Neumann Kaffee Gruppe.
FIAN hat Peter Kayiira, den Sprecher der Vertriebenen, zur Sitzung des UN-Sozialausschusses nach Genf eingeladen. So konnte er die 18 Ausschussmitglieder persönlich über die Ereignisse und die Forderungen der Vertriebenen auf Rückgabe des Landes und Entschädigung informieren.
FIAN-Referentin Gertrud Falk hat Peter Kayiira aus diesem Anlass interviewt.
Peter, mit welchem Anliegen und welchen Hoffnungen bist du zur Sitzung des UN-Sozialausschusses nach Genf gekommen?
Ich möchte den Ausschuss persönlich über die Menschenrechtsverletzungen aufgrund der gewaltsamen Vertreibung durch die ugandische Armee informieren, unter denen wir Vertriebenen bis heute leiden. Die ugandische Regierung behauptet in ihrer Stellungnahme, dass es sich bei unserem Fall um ein rein privates Gerichtsverfahren zwischen dem Unternehmen und uns handle, den das Gericht zu unseren Gunsten entschieden habe. Das ist eine sehr unvollständige Darstellung der Sachlage. Denn erstens hat uns die staatliche Armee Uganda People’s Defence Force (UPDF) vertrieben und zweitens sind wir bis heute – 14 Jahre nach der Vertreibung – nicht entschädigt worden. Unser Rechtsstreit ist seit fast zwei Jahren am Berufungsgericht anhängig. Bis heute hat in dem Verfahren keine Anhörung stattgefunden. Das hat auch damit etwas zu tun, dass die Regierung seit einiger Zeit nicht die vorgesehene Anzahl Richter nominiert, so dass die Liste unbearbeiteter Fälle beim Berufungsgericht immer länger wird.
Unser Fall hat nun das höchste völkerrechtliche Gremium erreicht. Wir sind überzeugt, dass Empfehlungen des UN-Sozialausschusses zu unserem Fall uns Gerechtigkeit bringen werden – vor allem durch die Rückgabe unseres angestammten Lands.
Wie konntest du dich in das Verfahren des UN-Sozialausschusses einbringen?
Durch FIANs Unterstützung konnte ich bei der offiziellen Anhörung der ugandischen Zivilgesellschaft durch den Ausschuss auf die wesentlichen menschenrechtlichen Aspekte unseres Falls und unsere Kernforderungen hinweisen. Weiterhin habe ich bei einer Informationsveranstaltung der ugandischen Zivilgesellschaft für die Ausschussmitglieder darstellen können, dass unser Fall exemplarisch für viele Vertreibungen in Uganda ist. Eine Konsequenz daraus muss sein, dass die Rechte von Kleinbauern und Kleinbäuerinnen gestärkt werden und die menschenrechtlichen Folgen des Handelns internationaler Unternehmen stärker kontrolliert werden müssen. Zu beiden Anliegen gibt es ja inzwischen auch Arbeitsgruppen im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen.
Wie haben die Mitglieder des UN-Sozialausschusses auf deine Eingaben reagiert?
Erfreulicherweise haben einige unseren Fall aufgegriffen und der ugandischen Regierungsdelegation dazu Fragen gestellt. Zum Beispiel wollten sie wissen, wie genau wir entschädigt worden seien oder wie es sein könne, dass wir zugunsten eines privaten Unternehmens vertrieben worden sind, obwohl ugandische Gesetze Vertreibungen nur im öffentlichen Interesse erlauben.
Und was haben die Regierungsvertreter darauf geantwortet?
Sie haben diese konkreten Fragen nicht beantwortet, sondern nur ihre falsche Aussage wiederholt, dass es sich um einen rein privaten Rechtsstreit handle, und sie keinen Einfluss auf das Gericht nehmen können.
Welche Perspektive siehst du für euren Kampf um Entschädigung?
Ich bin nun sehr gespannt auf die Empfehlungen, die der Ausschuss der ugandischen Regierung zu unserem Fall geben wird. Da ihre konkreten Fragen unbeantwortet geblieben sind, werden sie in ihrem abschließenden Bericht sicherlich dazu etwas sagen.
Darüber hinaus haben wir in der Zwischenzeit weitere Beweise dafür gesammelt, dass unsere Vertreibung unrechtmäßig war. So haben wir nun eine Kopie des Landtitels des Grundstücks, das angeblich gekauft worden war, um uns darauf umzusiedeln. Im Grundbuch wurde aber in der Zeit unserer Vertreibung kein Eigentümerwechsel eingetragen.
Außerdem strengt eine von uns, Anna Nandyose Katende, ein zweites Gerichtsverfahren gegen Kaweri Coffee Plantation an. Obwohl sie eine Besitzurkunde über Land hat, das offiziell gar nicht dem Plantagenland zugeordnet war, ist sie vertrieben worden. Kaweri Coffee Plantation baut heute auch auf ihrem Land Kaffee an. Über unseren Anwalt hat sie nun bei Gericht eine Kopie des Grundbucheintrags und eine Vermessung des Grundstücks beantragt. Das wird zutage bringen, dass die Plantage sogar über das vorgesehene Grundstück hinaus ausgedehnt worden ist.
Weiterhin hat das Berufungsgericht angekündigt, dass es in diesem Jahr zunächst alle angestauten Fälle abarbeiten will. Unser Fall gehört dazu. Aufgrund der erdrückenden Beweislast bin ich mir sicher, dass wir das Verfahren gewinnen werden. Auf jeden Fall werden wir unseren Kampf gegen die Straflosigkeit unnachgiebig fortsetzen, egal wie lange er dauert.