Im Jahr 2020 initiierte FIAN Honduras ein Projekt zur Förderung agrarökologischer Produktionsmodelle, um die Folgen des Klimawandels in der Gemeinde Dos Quebradas zu mildern und gleichzeitig ihre Ernährungssouveränität zu verwirklichen. FIAN Deutschland hat die Gemeinde nun besucht und sich über die Erfahrungen vor Ort informiert.
Die Gemeinde Dos Quebradas liegt etwa 45 Minuten von den Maya-Ruinen in Copán entfernt, im Norden von Honduras an der Grenze zu Guatemala. Der Name der Gemeinde ist auf ihre geografische Lage in einem Tal zurückzuführen, das von zwei Bächen durchquert wird. Derzeit leben dort 22 Familien, meist Maya-Chortí, die vor vier Jahren mit der Umstellung ihrer Anbau- und Ernährungspraktiken begonnen haben.
Der Global Climate Risk Index stufte Honduras 2019 als das Land ein, das weltweit am zweitstärksten von extremen Wetterereignissen betroffen ist. Große Teile des Landes sind auf die damit einhergehenden Gefahren jedoch mangelhaft vorbereitet. In der Folge nehmen Hunger und Armut zu. Die Antwort darauf ist die Agrarökologie: organische Stoffe in den Böden binden Kohlendioxid. Sie haben die Fähigkeit, Regenwasser zu speichern – was gegen die häufige Trockenheit hilft – und ermöglichen die Erzeugung gesunder und nahrhafter Lebensmittel.
Subsistenzlandwirtschaft gewährleistet
In Zeiten von Dürre war der Anbau in Dos Quebradas zuvor praktisch unmöglich. Eine der ersten Maßnahmen des Projekts war daher der Bau von drei Wassertanks, die mittels eines selbst gebauten Kanalisations- und Bewässerungssystems genutzt werden. Dies erlaubt der Gemeinde, ihre Anbauprodukte zu diversifizieren und das ganze Jahr über zu arbeiten. Für die Sommermonate, in denen die Bäche manchmal austrocknen, ist der Bau eines kleinen Staudamms geplant.
Die Kleinbäuerin Telma zeigt uns stolz ihren kleinen Gemüsegarten, in dem sie Koriander, Knoblauch, Zwiebeln und Bananen anbaut. Darüber hinaus bereiten sie und ihre Nachbar*innen sich auf die Milpa-Ernte im Mai vor, die eine ihrer wichtigsten Nahrungsquellen ist. Die „Milpa“ ist ein Landwirtschaftssystem, das von den Maya in Mittelamerika seit vielen Jahrhunderten betrieben wird. Dabei werden hauptsächlich Mais, Bohnen und Kürbisse angebaut.
Ramón erhielt so wie die weiteren Familien in Dos Quebradas zu Beginn des Projekts von FIAN Honduras 30 kreolische Hühner. Deren Nachkommen wuseln auf der Suche nach Körnern und Würmern überall herum. Zudem gibt es Hähne und Enten, Kühe und einige Schweine. Alles, was sie anbauen und aufziehen, ist für den Eigenbedarf oder für den Verkauf innerhalb der Gemeinschaft bestimmt. Der Zugang zu Märkten wird durch den schlechten Zustand der Straßen erschwert, die bei Regenfällen unterspült werden. Dies erschwert auch den Zugang zu Gesundheitszentren, weswegen sich manche sogar in Chiquimula, der nächstgelegenen Stadt in Guatemala, behandeln lassen. Deshalb ist die Verbesserung der Straßen eine der wichtigsten Forderungen an die lokalen Behörden.

Ramón und Ismael aus Dos Quebradas
Chemiefrei und mit traditionellem Saatgut
Juan Carlos zeigt uns stolz seinen Maniok-, Ananas- und Zitronenanbau und erzählt, wie sich die Qualität des Bodens und der Geschmack der Lebensmittel verbessert haben, seitdem sie keine Pestizide mehr einsetzen. Mit Hilfe von Merlin, einem Biobauern und Mitglied von FIAN Honduras, der sie bei der Umstellung auf Agrarökologie begleitet, haben sie gelernt, organische Abfälle zur Herstellung eigener Düngemittel zu verwenden. Durch den Erfahrungsaustausch haben sie ihre Techniken verbessert, was sich in der Qualität ihrer Produkte niederschlägt. Juan Carlos nächstes Ziel ist es, seine Bio-Kaffeeernte zu vermarkten. Zu diesem Zweck lässt er sich von Merlin beraten, der seinen Kaffee schon seit Jahren auf den Märkten der Region verkauft.
Schließlich erreichen wir La Casa de las Semillas, das vor einem Jahr eingeweiht wurde. Hier werden nicht nur Saatgut und Getreide für Notsituationen gelagert. Es dient auch als Ort für Versammlungen und Feste. Im Notfall könnten sich die Familien mindestens drei Monate lang mit den Vorräten versorgen.

Das Gemeindehaus Casa de las Semillas
Am Ende unserer Tour wartet Maria, Ramons Frau, mit Hühnerbrühe und frisch zubereiteten Tortillas. Beim gemeinsamen Essen wird deutlich, dass die Agrarökologie nicht nur den Respekt vor der Natur und die Ernährungssouveränität gewährleistet, sondern durch den Austausch von Saatgut und die Zusammenarbeit bei der Produktion auch Solidarität, Verantwortung und Empathie fördert. Man kann spüren: Die kollektive Identität ist stark in Dos Quebradas. Und damit auch die Kraft, den Auswirkungen des Klimawandels standzuhalten.
Von Almudena Abascal