AIIB-Darlehen an kambodschanische Mikrokreditgeber riskieren Verschlimmerung einer Menschenrechtskrise
Wir, die unterzeichnenden zivilgesellschaftlichen Organisationen in Südostasien und Europa, beklagen, dass die Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) 175 Millionen US-Dollar an Finanzierungen für kambodschanische Mikrofinanzinstitute bewilligt hat, obwohl seit Jahren über Menschenrechtsverletzungen in diesem Sektor berichtet wird.
Die AIIB, eine multilaterale Investitionsbank mit 105 Mitgliedern, darunter Deutschland als größter, nicht-regionaler Anteilseigner, startete die Finanzierung von zwei kambodschanischen Mikrokreditgebern genau in dem gleichen Monat, in dem der Compliance Advisor Ombudsmann der IFC (der Privatarm der Weltbank), eine Beschwerde akzeptierte, in der exakt diese zwei Mikrokreditgeber als auch andere Anbieter, in die die IFC investierte, räuberischer Kreditvergabe und missbräuchlichen Inkassopraktiken beschuldigt wurden.
Bei den Darlehen handelt es sich nach öffentlich zugänglichen Informationen um die ersten Investitionen der AIIB in den kambodschanischen Mikrofinanzsektor. Im April 2022 genehmigte die AIIB ein Darlehen in Höhe von 75 Millionen US-Dollar an Prasac Microfinance Institution Plc (Prasac), um die Kreditvergabe an kleinste, kleine und mittlere Unternehmen (MSMEs) zu erhöhen. Im selben Monat gab die AIIB innerhalb von nur 15 Tagen ein Darlehen in Höhe von 100 Millionen US-Dollar an die ACLEDA Bank Plc (ACLEDA) bekannt, um ihre Kreditvergabe an KKMU auszuweiten.
Es ist enttäuschend, dass die AIIB sich entschieden hat, zu einem Zeitpunkt in den kambodschanischen Mikrokreditsektor zu investieren, an dem dieser grundlegend hinterfragt wird. Berichte von zivilgesellschaftlichen Organisationen, Journalisten und Studien von anderen Investoren haben weit verbreitete Landnahmen, den Verlust von Lebensgrundlagen, gesundheitliche Beeinträchtigungen, den Landverlust von indigenen Völkern, die Gefährdung der Ernährungssicherheit und Kinderarbeit nachgewiesen.
Mikrofinanzanbieter in Kambodscha verlangen häufig die Verpfändung von Landtiteln als Sicherheit. Dies ist eine Praxis, die als „unethisch“ kritisiert wurde und eher ein „Obdachlosenprojekt“ schafft. Beide der von der AIIB ausgewählten Mikrokreditgeber berichten, dass mehr als 90% ihres Kreditportfolios besichert sind.
Eine kürzlich vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in Auftrag gegebene Studie untermauert die seit Jahren bekannten Berichte von zivilgesellschaftlichen Gruppen in Kambodscha und kommt zu dem Ergebnis, dass der Mikrofinanzsektor des Landes zu einer „alarmierend hohen“ und „inakzeptablen“ Anzahl von schuldengetriebenen Landverkäufen geführt hat, und zwar mit der erstaunlichen Rate von einem Landverkauf alle 16 Minuten in den letzten fünf Jahren.
Diese Schäden werden im Rahmen der bestehenden Umwelt- und Sozialrisikomanagementsysteme (ESMS) der Finanzinstitute nicht gemeldet – ein erheblicher Mangel, der die AIIB beunruhigen sollte, zumal er die Grundlage der IFC-Beschwerde bildet und die Rahmenbedingungen der AIIB und der IFC ähnlich sind.
Die Genehmigung dieser Projekte zeigt, dass die AIIB ihre Sorgfaltspflicht nicht erfüllt hat. Diese Bedenken wurden der AIIB während ihrer Jahrestagung von verschiedenen zivilgesellschaftlichen Organisationen vorgetragen, aber es gab keine öffentliche, substanzielle Antwort der Geschäftsleitung, wie sie diese Probleme proaktiv angehen will. Bevor es zu neuen Investitionen kommt, muss der kambodschanische MFI-Sektor reformiert werden, um sicherzustellen, dass die Menschenrechte der Kreditnehmer respektiert werden. Dazu gehört, dass
- Grundstücke, die als Sicherheiten für Mikrokredite dienen, an ihre Eigentümer zurückgegeben werden müssen;
- Opfer, die durch räuberische Kreditvergabe- und Inkassopraktiken geschädigt wurden, entschädigt werden müssen;
- potenzielle neue Investoren wie die AIIB ihre bestehenden Due-Diligence-Verfahren sowie ihre umwelt- und sozialpolitischen Rahmenbedingungen in Absprache mit den Beteiligten überprüfen müssen, um Mängel bei der Ermittlung, Abschwächung und Vermeidung negativer sozialer Auswirkungen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor zu berücksichtigen und zu beheben.
Ohne diese Reformen werden Investitionen in den Mikrofinanzsektor in Kambodscha untragbare Kollateralschäden nach sich ziehen.
Diese gemeinsame Erklärung wird unterzeichnet von:
1. Cambodian League for the Promotion and Defense of Human Rights (LICADHO)
2. Equitable Cambodia (EC)
3. FIAN Deutschland
4. Just Finance International
5. NGO Forum on ADB
6. Recourse
7. Stiftung Asienhaus
8. Urgewald e.V.