35. Sitzung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung am 5. Juni
Zur Anhörung zum Thema „Welternährung und Klimawandel“ war FIAN-Agrarreferent Roman Herre als Sachverständiger geladen. Seitens des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung war er zuvor um eine schriftliche Stellungnahme gebeten worden. Die von FIAN Deutschland eingereichte Stellungnahme können Sie hier abrufen.
In der Anhörung folgten die Ausschussmitglieder aller Fraktionen seinen Ausführungen sehr interessiert. Einleitend wies Herre darauf hin, dass über 800 Millionen Menschen schweren Hunger erleiden, obwohl prinzipiell genügend Nahrung für alle zur Verfügung stünde. Es werden weltweit doppelt so viele Pflanzen angebaut wie für die Ernährung der Weltbevölkerung nötig sind. Roman Herre betonte, dass die ungerechte Verteilung zwischen Arm und Reich zu einem Ungleichgewicht der Kräfte führt: Viele Menschen haben keinen Zugang zu Land und Nahrung; sie werden dadurch in ihren Menschenrechten verletzt, insbesondere dem Recht auf Nahrung. Herre plädierte dafür, dass Politik und Wirtschaft zunächst ihren Fokus auf diese Ungleichheiten legen sollten, bevor eine Debatte über eine weitere Produktionssteigerung geführt wird.
Er erklärte zwar, dass internationaler Handel mit Nahrung relevant für die Welternährung sei, veranschaulichte aber auch negative Aspekte. So haben sich die Nahrungsmittel-Importkosten armer Länder stark erhöht, auf nunmehr 28% im Vergleich zu ihren gesamten Exporteinnahmen. Globale Schwankungen der Nahrungsmittelpreise treffen die ärmsten Länder über die damit verbundenen Importkosten daher am stärksten. Roman Herre riet, lokale Ernährungssysteme politisch und strategisch verstärkt zu berücksichtigen und wirtschaftlich zu fördern. Zudem zeigte er auf, dass klimaschädliche Projekte und politische Entscheidungen wie zum Beispiel die Agrar-Treibstoffpolitik, die Bio-Plastikproduktion oder Bioökonomie-Strategien aus Deutschland und Europa zusätzlich dazu beitragen, dass immer weniger Land für die Ernährung verwendet wird. Dies sei besonders problematisch im Kontext des Klimawandels, der das Ackerland gerade in armen Ländern weiter verknappe.
Weiterhin kritisierte Roman Herre die Beteiligung und Finanzierung an klimaschädlichen Projekten und die Finanzierung der entsprechenden Großinvestoren, auch durch deutsche Entwicklungsbanken. Er zeigte auf, dass internationale Großinvestoren in Paraguay, Sambia und andernorts zur Gewinnmaximierung Wald abholzen und Menschenrechte verletzen. Veranschaulichend führte Herre die Beteiligungen der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG), einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), an. So hält die DEG Anteile des Unternehmens PAYCO mit Sitz in Luxemburg. PAYCO hält unglaubliche 145.000 Hektar Land in Paraguay und rodet Wälder im Trockenwald Chaco. Ebenso monierte Herre die Investitionen von deutschen Pensionsgeldern in Brasilien, die dort zu erheblichen Menschenrechtsverletzungen und klimaschädlichen Abholzungen beitragen. Herre sprach sich deutlich gegen solche Beteiligungen und Investitionen aus und stand stattdessen für den direkten Austausch mit Nahrungsmittelproduzenten und Kleinbauern ein.