Die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und die Linke haben am 13. Mai zu einer gemeinsamen Fachdiskussion im Bundestag eingeladen. Thema war der derzeitige Trend in der Entwicklungszusammenarbeit, zunehmend die Kooperation mit der Privatwirtschaft zu suchen, um größere Finanzmittel zu mobilisieren. FIAN hat kürzlich eine Studie zu diesem Thema veröffentlicht; Vertreter*innen von FIAN nahmen an der Diskussion teil.
Eröffnet wurde die Veranstaltung von MdB Eva-Maria Schreiber, die fünf Thesen formulierte:
These 1: Die Bundesregierung postuliert den entwicklungspolitischen Nutzen von Privatwirtschaftskooperationen – empirisch belegt ist dieser jedoch kaum;
These 2: Die Bundesregierung überschätzt den entwicklungspolitischen Mehrwert von Privatwirtschaftskooperationen und unterschätzt Zielkonflikte mit Unternehmensinteressen;
These 3: Der Fokus auf die Privatwirtschaft entpolitisiert die Entwicklungszusammenarbeit;
These 4: Privatwirtschaftskooperationen fördern die Intransparenz der Entwicklungszusammenarbeit;
These 5: die Bundesregierung fördert privatwirtschaftliche Initiativen im Globalen Süden; zugleich zerstören Handelsabkommen die dortigen wirtschaftlichen Strukturen.
Als Grundlage für die anschließende Diskussion präsentierte das Deutsche Evaluierungsinstitut DEval zwei aktuelle Untersuchungen zur Kooperation mit der Privatwirtschaftskooperationen in der deutschen EZ. Laut DEval hätten diese zwar entwicklungspolitisches Potential. Doch lasse die Bundesregierung klare Zielsetzungen, Strategien und Transparenz vermissen, was Aussagen über die tatsächlichen entwicklungspolitischen Wirkung sehr erschwert. Sie unterschätze Konflikte zwischen entwicklungspolitischen und Unternehmensinteressen. Zudem kämen weder das Entwicklungsministerium (BMZ) noch die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) bei den Kooperationen ihren menschenrechtlichen Verpflichtungen nach.
In der anschließenden Diskussion wurden verschiedene Aspekte kritisch ausgegriffen, u.a. von Vertreter*innen von Misereor, FIAN, Urgewald, Transparence International und der Kirchlichen Arbeitsstelle Südliches Afrika.Die kaum vorhandene menschenrechtliche Ausrichtung und Prüfung menschenrechtlicher Risiken (das Vorgehen sei „nicht angemessen“) war ein zentraler Diskussionspunkt. BMZ und GIZ kündigten trotz der Kritik von DEval eine Vertiefung von Kooperationen mit der Privatwirtschaft an, unter anderem durch eine 1 Milliarde Euro schweren „Entwicklunginvestitionsfonds“ für Afrika. Vertreter*innen der Zivilgesellschaft hingegen kritisierten die wachsende Förderung der Privatwirtschaft insgesamt und erachten das Risiko von Menschenrechtsverletzungen als zu hoch. Die der Privatwirtschaftsförderung zugrundeliegende Maxime des Wirtschaftswachstums sei zudem ungeeignet, um die humanitären und ökologischen Herausforderungen der heutigen Zeit zu meistern.
>>Weitere Informationen und die Präsentation von DEval finden sich hier.