Auch 13 Jahre nach der Vertreibung zugunsten der Kaffeeplantage der Hamburger Neumann Kaffee Gruppe in Uganda hungern die Betroffenen. Das ist das bittere Ergebnis der jüngsten Recherche zu dem Fall, den FIAN seit 2002 begleitet. Im Oktober hat FIAN-Mitarbeiterin Gertrud Falk eine Woche lang Gespräche mit Vertriebenen geführt, die am Rande der Kaweri Kaffeeplantage um das tägliche Überleben kämpfen. Dabei wurde das Ausmaß der verheerenden Folgen dieser Vertreibung deutlich.
Kein Zugang zu Land bedeutet Hunger
Das größte Problem ist für die Betroffenen weiterhin, dass sie keinen ausreichenden Zugang zu Land haben. Sie können daher nicht genügend Nahrungsmittel für sich anbauen. So gab die Hälfte der Befragten an, dass sie nur einmal am Tag essen. „Wenn du zwei Mahlzeiten am Tag isst, kannst du dann sicher sein, dass du am nächsten Tag etwas zu essen haben wirst?“, formuliert es die 70jährige Deziranta. Zusätzlich zur geringen Anbaufläche verliert der Boden langsam seine Fruchtbarkeit, denn die Familien sind derart auf die wenigen angebauten Lebensmittel angewiesen, dass sie dem Boden keine Pausen zur Regeneration erlauben können. Die wenigen Familien, die sich vorübergehend Land pachten können, beklagen, dass hungernde ArbeiterInnen der Kaweri Kaffeeplantage ihnen die Früchte vom Feld stehlen.
Kein Zugang zu Trinkwasser bedeutet Krankheiten
Das Wasser aus der Rohrleitung von der Kaweri Plantage läuft nur sporadisch. Wenn es läuft, bildet sich schnell eine lange Schlange vor der Zapfstelle. Familien, die nicht in der Nähe der Zapfstelle wohnen, kommen meist nicht zum Zug. Sie holen ihr Wasser aus offenen Wasserstellen. Da auch Feuerholz ein knappes Gut ist, können sie das Wasser nur selten abkochen, bevor sie es trinken. Durchfallerkrankungen sind daher keine Seltenheit. Die einzige Alternative ist Regenwasser.
Hungerlöhne haben Folgen
Den Mangel an Ackerland gleichen die Löhne der Kaweri Kaffeeplantage nicht aus. Kaweri zahlt ungelernten ArbeiterInnen einen Tageslohn von umgerechnet rund einem Euro, wenn sie die vorgegebene Leistung erbringen. Aufgrund ihrer schlechten Ernährungssituation können viele diese Leistung jedoch nicht erbringen und gehen mit weniger Geld in der Tasche nach Hause. Aber auch der Tageslohn reicht nicht aus, um die Kosten für Nahrung, Schulbesuch, Gesundheitsversorgung etc. der Familien zu decken.
Die große Armut macht junge Mädchen zu Opfern der Schmeicheleien von Kaweri-Arbeitern. Die Rate früher Schwangerschaften ist hoch und mit der Schwangerschaft kommt häufig HIV.
Familien brechen auseinander
Angesichts dieses Elends ziehen viele junge Leute weg, um woanders Arbeit zu finden. Zurück bleiben die Alten, die Behinderten und die Kinder. Konflikte innerhalb der Familien haben zugenommen. Viele Männer ertränken die Ausweglosigkeit ihrer Situation in Alkohol. Die befragten Frauen schätzen, dass sieben von zehn Frauen Opfer häuslicher Gewalt sind. Viele Frauen sind mit der Versorgung von Angehörigen allein gelassen.
Parallelbericht beim WSK-Ausschuss eingereicht
Einig sind sich alle InterviewpartnerInnen: Vor der Vertreibung hatten sie immer genug zu essen, Zugang zu sauberem Wasser und Geldmittel, um Schulbesuch, die Fahrtkosten ins Krankenhaus und Medikamente zu zahlen. Die Vertreibung stellt also bis heute eine gravierende Verletzung ihrer wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte dar. FIAN hat daher dem Ausschuss der Vereinten Nationen zu wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten im Oktober parallel zum Staatenbericht Ugandas einen Bericht über die Vertreibung und ihre Folgen eingereicht. Der Ausschuss befasst sich damit ab Dezember.
Mehr Informationen zu dem Fall in Uganda finden Sie auf unserer Fallarbeitsseite HIER.