(Berlin, Köln 23. Juni 2020): In Guinea klagen 13 Gemeinden gegen die Zwangsumsiedlung durch einen Bergbaukonzern, der mit Unterstützung der Bundesregierung seine Bauxit-Mine vergrößert.
Die Bewohner*innen der 13 Dörfer in der Region Boké haben bei der Weltbank eine Klage gegen den Bergbaukonzern Compagnie des Bauxites de Guinée (CBG) eingereicht. Hintergrund ist die Erweiterung einer Mine, die auch durch eine Kreditgarantie („Ungebundene Finanzkredit-Garantien“ (UFK-Garantien)) der Bundesregierung in Höhe von 293 Millionen US-Dollar finanziert wird. Die Betroffenen berichten von Zwangsumsiedlungen und den Verlust ihrer Lebensgrundlage.
„Die Bundesregierung unterstützt den Bergbaukonzern CBG mit einer Ungebunden Finanzkredit-Garantie für den Kreditgeber ING-DiBa, weil sie damit die Versorgung der deutschen Industrie mit Bauxit und Aluminium sicherstellen möchte“, kritisiert Gertrud Falk von FIAN Deutschland.
„Gleichzeitig versteckt die Bundesregierung sich hinter den Standards der Weltbank. Sie trägt aber eine eigene Verantwortung. Aufgrund der langen Geschichte des Konflikts um den Bauxitabbau und der mangelnden Sorgfaltspflicht von CBG muss sie selbst tätig werden“, so Falk weiter.
„Fundamentale Menschenrechtsverletzungen sind im Bergbau leider keine Seltenheit“, erklärt Michael Reckordt von PowerShift. „Immer wieder erreichen uns Berichte von Vertreibungen, Trinkwasserverschmutzung oder Gewalt gegen Aktivist*innen im Rohstoffsektor. Diese können entlang der Lieferkette bis nach Deutschland zurückverfolgt werden. Die Bundesregierung muss endlich ihrer Verantwortung aus den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte nachkommen und ein Lieferkettengesetz verabschieden, das Unternehmen verpflichtet, Risiken in ihrer Lieferkette zu identifizieren und aktiv zu reduzieren.“
Kontakt:
FIAN, Gertrud Falk, Email: g.falk@fian.de, Tel.: 0221 474 491 15
PowerShift, Michael Reckordt, Email: michael.reckordt@power-shift.de, 030 428 054 79 / 0163 633 63 72
Weitere Informationen:
FIAN: https://www.fian.de/guinea-bauxitabbau-fuehrt-zu-umweltschaeden-und-menschenrechtsverletzungen/
PowerShift: Landraub für deutsche Autos: https://power-shift.de/wp-content/uploads/2020/02/Landraub-f%C3%BCr-deutsche-Autos-web-18022020.pdf
Anbei finden sie die Übersetzung einer PM der US-NGO Inclusive Development, die die Klage der lokalen Bevölkerung gegen die Weltbank begleitet. Das englische Original finden Sie hier: https://www.inclusivedevelopment.net/world-bank-backed-rio-tinto-alcoa-joint-venture-relocates-guinean-village-during-covid-19-lockdown/
Von der Weltbank unterstützte Bauxitmine in Guinea siedelt lokale Bevölkerung während einer Pandemie um und verletzt grundlegende Menschenrechte
(Conakry, 20. Juni 2020) – Während die Regierung Guineas allen Gemeinden Reisebeschränkungen auferlegt hatte, hat das Bergbauunternehmen Compagnie des Bauxites de Guinée (CBG) mehr als hundert Familien unfreiwillig umgesiedelt, um Platz für seine Expansionspläne nahe der Stadt Sangaredi zu schaffen. Die CBG gehört den multinationalen Aluminiumproduzenten Alcoa und Rio Tinto und der Regierung Guineas. Die Erweiterung der Sangaredi-Bauxitmine wird von der International Finance Corporation (IFC), einer Tochter der Weltbank, und europäischen Geldgebern gefördert, darunter die Bundesregierung mit einer Ungebundenen Finanzkredit-Garantie (UFK-Garantie). Die Bewohner*innen des Dorfes Hamdallaye in der Region Boké in Niederguinea fordern von CBG seit einigen Jahren Entschädigung für den Verlust ihres angestammten Ackerlandes und ihrer Lebensgrundlage durch dessen Bauxitmine. Sie klagen nun darüber, dass das Bergbauunternehmen sie an einen nicht dafür vorbereiteten Ort umgesiedelt habe, dem eine grundlegende Infrastruktur fehle. Dazu gehören ein angemessener Zugang zu Wasser, Ackerland und fertiggestellten Wohn- und Sanitäranlagen. Die überraschende Umsiedlung fand vor dem Beginn einer lang erwarteten, von der Weltbank unterstützten Vermittlung zwischen der Gemeinde und der CBG statt, die für März 2020 geplant war, sich aber unter anderem wegen der COVID-19-Pandemie verzögert hat.
Ein Bericht, der heute von den guineischen Organisationen Centre du Commerce International pour le Developpement (CECIDE) und Association pour le développement rural et l’entraide mutuelle en Guinée (ADREMGUI) sowie der in den USA ansässigen Inclusive Development International veröffentlicht wurde, dokumentiert, wie die Umsiedlung des Dorfes Hamdallaye durch die CBG gegen die ökologischen und sozialen Anforderungen der International Finance Corporation (IFC), der Kreditvergabestelle der Weltbank für den Privatsektor, verstößt. Die IFC finanzierte die Expansion der CBG zusammen mit US-amerikanischen, deutschen und französischen öffentlichen und privaten Kreditgebern.
Anders als ihr ehemaliges Dorf im Grünen liegt das Umsiedlungsgebiet auf einer wieder aufgeschütteten Abraumhalde, ohne Bäume oder Mutterboden, was das Land unwirtlich macht und den vertriebenen Familien keinen Schatten vor der intensiven Hitze bietet.“Ohne kultivierbares Land sind wirtschaftliche Aktivitäten seit unserer Vertreibung so gut wie unmöglich“, sagte Mamadou Lamarana Bah, ein Gemeindevertreter aus Hamdallaye. „Die Folgen des Verlustes ihres Lands und ihrer Lebensgrundlagen sind für die Lebensbedingungen der Dorfbewohner katastrophal. Den meisten Menschen ist das Geld ausgegangen. Einige wurden dadurch genötigt, in die umliegenden Dörfer abzuwandern… oder an die Grenze zu Guinea-Bissau, um Kohle zu fördern.
Das Unternehmen verletzt internationale Standards und seine Verpflichtung gegenüber den Kreditgebern, die Bewohner*innen mit gleichwertigem alternativem Ackerland für das Land für das Land zu entschädigen, das es ihnen in den letzten Jahren genommen hat. CBG hat anscheinend eine 56 Hektar große Parzelle in der Nähe des Umsiedlungsgebiets für einkommensschaffende Aktivitäten vorgesehen. Ein 2019 von den Finanzierern der CBG in Auftrag gegebener unabhängiger Überwachungsbericht stellte jedoch fest, dass es sich bei dieser Landparzelle – ebenso wie beim Umsiedlungsgebiet – um ein nicht saniertes ehemaliges Bergbaugebiet handelt, das für die Landwirtschaft ungeeignet ist. Es ist nicht annähernd so groß wie die Fläche, die der Gemeinde Hamdallaye vom Bergwerk abgenommen wurde. Satellitenbilder, die für den Bericht analysiert wurden, zeigen, dass die CBG seit 2005 mehr als 1000 Hektar (10 Quadratkilometer) des angestammten Ackerlandes von Hamdallaye eingenommen hat.
„Die Umsiedlung der Hamdallaye-Gemeinde unter Bedingungen, die ihr Leben während eines globalen Gesundheitsnotstands garantiert verschlechtern, ist der Gipfel der Verantwortungslosigkeit“, sagt David Pred, Exekutivdirektor von Inclusive Development International. „Die beklagenswerten Praktiken des Land- und Wassererwerbs und das Management der CBG sind weit entfernt von den Standards, die ihre Hauptaktionäre Rio Tinto und Alcoa behaupten zu befolgen und die ihre Kreditgeber fordern.“
Die Umsiedlung der Familien aus Hamdallaye durch CBG begann am 21. März 2020, im selben Monat, in dem durch den Compliance Advisor Ombudsmann (CAO) der Weltbanktochter eine lange verzögerte Schlichtung beginnen sollte. Die CBG hatte sich zu dem Streitbeilegungsverfahren bereit erklärt, nachdem Bewohner*innen von 13 Dörfern eine Beschwerde eingereicht hatten, in der sie beschuldigt wurde, ihr angestammtes Land an sich zu reißen, ihre Lebensgrundlagen zu zerstören und die lokale Umwelt zu schädigen. Besorgnis über die vorgeschlagene Umsiedlung von Hamdallaye war ein wesentlicher Bestandteil der Beschwerde. Die Vermittlungen wurden wegen der COVID-19- Pandemie auf unbestimmte Zeit verschoben.
„Es ist zutiefst enttäuschend, dass die CBG die Umsiedlung der Gemeinde Hamdallaye nicht aufgeschoben hat, bis sich die Streitparteien im Rahmen des Vermittlungsverfahrens auf faire Umsiedlungsbedingungen geeinigt haben“, sagt Pascal Tenguinao, Geschäftsführer von CECIDE. „Wir hoffen, dass der Schaden, der dieser Gemeinschaft zugefügt wurde, nicht irreversibel ist und ohne weitere Verzögerung behoben wird“.
Die Organisationen haben die Geldgeber von CBG aufgefordert, die ökologischen und sozialen Anforderungen der Kreditvereinbarungen durchzusetzen und verlangen, dass das Unternehmen unverzüglich die Auflagen erfüllt.
Hintergrund
Seit der Aufnahme seiner Tätigkeit im Jahr 1973 hat die CBG in der üppig bewachsenen Region Boké nahe der Stadt Sangaredi große Landstriche abgebaut. Jahrelang hat das Joint Venture die gewohnten Landrechte der lokalen Gemeinden missachtet und ihr Ackerland ohne Entschädigung oder Angebot alternativen Lands enteignet. Dies hat das traditionelle Fruchtfolgesystem ernsthaft gestört und zu einer Verschlechterung des Bodens geführt. Die Tätigkeit der CBG hatte darüber hinaus weitreichende ökologische und soziale Auswirkungen: Am schwerwiegendsten ist die Trinkwasserverschmutzung und die Verhinderung des Zugangs zu sauberem Wasser. Der Tagebau hat schwerwiegende Auswirkungen auf die biologische Vielfalt, einschließlich kritischer Lebensräume für gefährdete Schimpansen. Diese Auswirkungen der Mine waren Gegenstand der Beschwerde, die die Bewohner*innen von dreizehn betroffenen Dörfern 2019 bei der Beschwerdestelle der IFC (CAO) eingereicht haben.
CBG ist ein Joint Venture zwischen der guineischen Regierung und drei multinationalen Bergbauunternehmen: Rio Tinto, Alcoa und Dadco.
Im Jahr 2016 stellte die IFC ein Darlehen in Höhe von 200 Millionen US-Dollar für die Erweiterung des Bergbaubetriebs des Unternehmens zur Verfügung. Die die Overseas Private Investment Corporation der US-Regierung (jetzt als International Development Finance Corporation bezeichnet) gewährte weitere 150 Millionen US-Dollar. Weitere 473 Millionen $ wurden von Geschäftsbanken bereitgestellt: der französischen Société Générale, BNP Paribas, Crédit Agricole und Natixis, der deutschen Tochtergesellschaft der ING-Bank, ING-DiBa, und zwei guineischen Banken, der Société Générale de Banques en Guinée und der Banque Internationale pour le Commerce et l’Industrie de la Guinée, einem Mitglied der Gruppe BNP Paribas. Die deutsche Regierung garantierte einen Teil der Finanzierung durch ihr Programm für ungebundene Kreditbürgschaften.
Inclusive Development International hat das Bauxit aus der Mine von CBG zu einer Reihe von Raffinerien und Hütten in Nordamerika und Europa zurückverfolgt, wo es zu Primäraluminium verarbeitet und an große Marken verkauft wird, die Autos und Aluminiumverpackungen für Lebensmittel, Getränke und andere Konsumgüter herstellen. Dazu gehören Coca-Cola, Campbells Soup, Nespresso, Audi, BMW, Fiat-Chrysler, Ferrari, Ford, General Motors, Hyundai, Jaguar, Land Rover, Mercedes-Benz, Porsche, Volvo, Honda und andere.
Der Bericht steht hier zur Verfügung: https://www.inclusivedevelopment.net/wp-content/uploads/2020/06/Hamdallaye-English.pdf
Die Beschwerde ist erhältlich:
Auf Englisch: https://www.inclusivedevelopment.net/wp-content/uploads/2019/02/CBG_CAO-Request-for-Mediation_FINAL-EN.pdf
Auf Französisch: https://www.inclusivedevelopment.net/wp-content/uploads/2019/02/CBG_CAO_Request-for-Mediation_FINAL-FRE.pdf
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:
In Conakry (French): Saa Pascal Tenguiano ; +224 628 20 30 38; tenguipascal@gmail.com
In Asheville (English): David Pred; +1 917-280-2705; david@inclusivedevelopment.net; Twitter: @preddavid