Nach der mutmaßlichen Ermordung eines kongolesischen Aktivisten durch einen Wachmann im Auftrag des von der britischen Entwicklungsbank kofinanzierten Palmölunternehmens Feronia wurde nun eine unabhängige Untersuchung eingeleitet. Die Commonwealth Development Corporation (CDC), die sich zu 100 % im Besitz des britischen Ministeriums für internationale Entwicklung befindet, hat unabhängige Ermittler*innen eingesetzt, um die Umstände des Todes von Joël Imbangola Lunea, einem 44-jährigen Vater von acht Kindern, am 21. Juli in Bempumba zu untersuchen.
Landrechtsaktivist*innen und Dorfbewohner*innen behaupten, dass sie von Mitarbeiter*innen von Feronia, einem der größten Palmölunternehmen des afrikanischen Kontinents, schikaniert und eingeschüchtert wurden. Die CDC, die zwischen 2015 und 2018 1,8 Mrd. £ (ca. 2 Mrd. €) an Hilfsgeldern erhielt, besitzt 38 % des kanadischen Unternehmens Feronia, das rund 9.000 Personen in der Demokratischen Republik Kongo (DRK) beschäftigt. Das defizitäre Unternehmen und seine Tochtergesellschaft Plantations et Huileries du Congo (PHC) erhalten auch Unterstützung von anderen europäischen Entwicklungsbanken. Die Untersuchung wird das Management der Sicherheitsteams von Feronia sowie die unmittelbaren Umstände des Todes von Imbangola untersuchen. Es folgt auf Proteste gegen das Versagen der örtlichen Polizei, den Verdächtigen sofort festzunehmen.
Die Bank, die seit 2013 rund 51,9 Millionen Dollar (ca. 47,5 Millionen Euro) in Feronia investiert hat, wird nach Angaben der Organisation innerhalb weniger Wochen über die Ergebnisse der Untersuchung berichten. Die CDC sagte in einer Stellungnahme: „Unmittelbar nach dem tragischen Tod von Joël Imbangola Lunea und unabhängig von polizeilichen Ermittlungen beauftragte die CDC unabhängige Ermittler*innen, um zu prüfen, ob der Vorfall in irgendeiner Weise mit der Beschäftigung des angeblichen Täters bei Feronia zusammenhängt.“ CDC hat fast 10 Millionen Dollar (ca. 9,2 Millionen Euro) seiner Investitionen in Feronia für die Verbesserung von Gesundheit, Bildung und Infrastruktur bereitgestellt.
Imbangola, ein Flussschiffsführer, war Mitglied der RIAO-RDC, einer kongolesischen NGO für Landrechte, die in einen Streit mit Feronia und PHC verwickelt ist, der bis in das Jahr 1911, als das Land von den belgischen Kolonialbehörden an den britischen Lord Leverhulme übergeben wurde, zurückreicht. RIAO-RDC behauptet, dass Gemeinden für drei von PHC betriebene Palmölplantagen angestammte Ländereien „illegal entwendet“ wurden, und sie damit ihrer Möglichkeiten beraubt wurden, ihre Familien angemessen unterzubringen und zu ernähren. Der Schiffsführer beförderte gerade Passagiere auf seiner Piroge nahe des nordkongolesischen Dorfes Bempumba, als der mutmaßliche Angriff erfolgte.
Ein Verwandter von Imbangola, der nicht genannt werden möchte, sagte: „Wir haben das Oberhaupt unserer Familie verloren. Wir haben alles verloren. Wir haben nichts, kein Geld, keine Mittel, um Anwälte zu bezahlen, zu ermitteln. Die Polizei tut nichts. Wir haben Angst.“ Der Familienangehörige erläutert, dass die lokalen Mitarbeiter*innen von Feronia behauptet hatten, dass der Verdächtige, der sich jetzt in Haft befindet, nicht für das Unternehmen gearbeitet habe. In einer Erklärung auf der Website des Unternehmens im Juli wurde hingegen bestätigt, dass nach einem Mitarbeiter von Feronia wegen des Mords an Imbangola polizeilich gefahndet wurde.
Im Jahr 2017 äußerten britische Abgeordnete ihre Besorgnis über die Investition von CDC in Feronia, nachdem Reuters berichtet hatte, dass das Unternehmen es versäumt habe, die Unterbringung seiner zum Teil unter dem Mindestlohn bezahlten kongolesischen Mitarbeiter*innen zu verbessern. Sie empfahlen der CDC, einen „vollständigen Bericht über ihre Investition zu veröffentlichen, der sich mit den Fragen nach Löhnen, Arbeitsbedingungen und Landstreitigkeiten auseinandersetzt.“ Die CDC entgegnete, dass sie „hart arbeite“, um die Löhne ab 2017 zu erhöhen. Feronia stelle Schulen, Krankenhäuser und andere Infrastruktur für Arbeiter*innen und Gemeinden zur Verfügung. „Ohne die Beteiligung von Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen in Feronia wären rund 9.000 Dauer- und Nebenbeschäftigungen in einem der abgelegensten Teile des weltärmsten Landes verloren gegangen.“
Im November wandten sich Vertreter*innen von neun Gemeinschaften der demokratischen Republik Kongo, darunter RIAO-RDC, an einen von der deutschen Entwicklungsbank DEG eingerichteten Beschwerdemechanismus, um ihre Beschwerden gegen Feronia vorzubringen. Dabei wurden sie von einer Reihe von NGOs, darunter Oxfam, unterstützt. Seitdem wurden die Gruppen laut RIAO-RDC verstärkten Belästigungen und Einschüchterungen seitens der Feronia-Mitarbeiter*innen ausgesetzt. Nick Dearden, Geschäftsführer von Global Justice Now, forderte das britische Ministerium für Entwicklungszusammenarbeit (DfID) auf, eine eigene Untersuchung zum Mord an Imbangola durchzuführen, um sachkundige Entscheidungen über die zukünftige Investition der CDC in Feronia zu treffen und festzustellen, „ob den Gemeinden Entschädigungen geschuldet werden“. Ein Sprecher des DfID teilte mit, dass sie sich des Todes von Imbangola bewusst seien und fügte hinzu: „Weitere Kommentare während der polizeilichen Untersuchungen wären unangebracht“.
Feronia reagierte nicht auf die Anfrage des Guardian. Eine Erklärung auf der Website von Feronia, die im Juli veröffentlicht wurde, lautete: „Das Unternehmen ist zutiefst traurig zu erfahren, dass einer seiner Mitarbeiter*innen von der Polizei im Zusammenhang mit dem Tod von Herrn Joël Imbangola Lunea am Sonntag, den 21. Juli 2019, gefahndet wird. Die Polizei behandelt den Tod von Herrn Imbangola als Mord.“ Das Unternehmen sagte, dass es versuche, den Sachverhalt zu klären, da „verschiedene Versionen der Ereignisse“ gemeldet worden wären. „Eine Reihe von Zeug*innen haben dem Unternehmen mitgeteilt, dass die Meinungsverschiedenheiten, die zu dem tragischen Unfall geführt haben, persönlicher Natur waren. Da sich der Vorfall aber etwa 18km von der Plantage von Feronia entfernt, in der Nähe des Heimatdorfes des Mitarbeiters, ereignete, während er vier Wochen Urlaub hatte, erweist sich die Feststellung von Fakten als schwierig.“ (eigene Übersetzung eines Artikels des Guardian vom 27. September).
FIAN und Urgewald haben die Beschwerde von RIAO-RDC bei der DEG unterstützt