In einer gemeinsamen Erklärung fordern mehr als 150 Organisationen, darunter FIAN Deutschland, den Präsidenten der Weltbank auf, die Angriffe der kambodschanischen Regierung auf lokale Menschenrechtsorganisationen zu verurteilen.
In den letzten Monaten hat die Unterdrückung kritischer Stimmen durch die kambodschanische Regierung in besorgniserregender Weise zugenommen. Dazu gehören Angriffe auf zwei prominente Menschenrechtsgruppen, Equitable Cambodia und das Center for Alliance of Labor and Human Rights (CENTRAL) – beide enge FIAN Partnerorganisationen. In beiden Fällen stehen die Repressalien im Zusammenhang mit der Menschenrechtsarbeit der Organisationen und insbesondere mit ihren Bemühungen um den Schutz der Menschen- und Arbeitsrechte in Projekten, die von der Weltbankgruppe unterstützt werden.
Eang Vuthy, Executive Direktor der kambodschanischen Landrechts-NGO Equitable Cambodia, sieht sich wegen seines Engagements für Menschenrechte mit unbegründeten strafrechtlichen Vorwürfen konfrontiert. Ende März 2024 erhielt Herr Eang eine Gerichtsvorladung, in der ihm mitgeteilt wurde, dass er wegen Anstiftung zu einer Straftat oder Störung der sozialen Sicherheit angeklagt sei. Im Falle einer Verurteilung drohen ihm bis zu zwei Jahre Haft.
Seit 2012 setzt sich Equitable Cambodia unermüdlich für Gemeinden ein, die durch groß angelegte Entwicklungs- und Investitionsprojekte – darunter umfassende Landnahmen durch Zuckerrohrplantagen sowie mehrere von der Weltbank unterstützte Projekte – betroffen sind. Dazu gehört eine öffentlichkeitswirksame Beschwerde über aggressive Kreditvergabe und Menschenrechtsverletzungen durch von der Internationalen Finanz-Corporation (IFC) der Weltbank Gruppe unterstützte Mikrofinanzinstitute. Der Ombudsmann der IFC war im März/April 2024 mit der Untersuchung des Falles beschäftigt, als Herr Eang die Gerichtsvorladung erhielt. Ein Prozess und eine Verurteilung von Herrn Eang würden einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen und hätten sehr ernste und weitreichende Folgen für die gesamte Zivilgesellschaft Kambodschas.
CENTRAL ist eine führende Arbeitsrechtsorganisation in Kambodscha. Ende Juni 2024 beauftragte das kambodschanische Innenministerium das National Audit Office mit einer Prüfung von CENTRAL wegen einer angeblichen Gefährdung der „nationalen Sicherheit“. Die Anordnung erfolgte nur wenige Wochen nach der Veröffentlichung eines kritischen CENTRAL-Berichts zur Evaluierung der Wirksamkeit von Better Factories Cambodia, einem gemeinsamen Programm der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und der Internationalen Finanz-Corporation (IFC) der Weltbank, zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie. Vorausgegangen waren zahlreiche Proteste regierungsnaher Gewerkschaften und eine Klage gegen einen CENTRAL-Mitarbeiter.
Diese Angriffe sind Teil umfassenderer Repressalien gegen die kambodschanische Zivilgesellschaft, die gestoppt werden müssen, bevor die letzten demokratischen Freiräume im Land komplett geschlossen werden.
2018 hatte die IFC eine Erklärung zu Vergeltungsmaßnahmen gegen die Zivilgesellschaft und Projektbeteiligte verabschiedet. Diese umfasste unter anderem, dass keine Drohungen, Einschüchterungen oder Gewalt durch ihre Partner gegen kritische Stimmen zu Projekten der IFC toleriert werden.
In ihrer gemeinsamen Erklärung fordern die 163 zivilgesellschaftlichen Organisationen den Weltbankpräsidenten Ajay Banga auf, der kambodschanischen Regierung klar zu machen, dass die Weltbank ihre Politik der Nulltoleranz gegenüber Repressalien durchsetzen wird. Der Vorstand der Weltbankgruppe sollte daher vor der Genehmigung neuer Investitionen in Kambodscha überprüfen, ob die rechtlichen Schikanen gegen CENTRAL und Equitable Cambodia eingestellt wurden. Zudem sollte er sicherstellen, ob deren Mitarbeiter:innen weiterhin ungehindert ihre legitimen Menschenrechtsaktivitäten zur Unterstützung der von den Weltbank-Projekten betroffenen Gemeinden und Arbeiter:innen ausüben können.
Die gemeinsame Stellungnahme vom 21. Oktober 2024 ist hier verfügbar (in englischer Sprache).