Die außerordentlich angesetzte Politik gegen Hunger Konferenz in Berlin diesen Sommer war dem 20. Jubiläum der Freiwilligen Leitlinien für das Recht auf angemessene Nahrung gewidmet. Das deutsche Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL), das die Konferenz ausgerichtet hatte, sowie der Konferenzvorsitzende und FIAN Mitbegründer Michael Windfuhr, betonen, wie wichtig die Leitlinien für die Bekämpfung des Hungers sind. Doch wie geht es nun weiter? Wie lassen sich die Leitlinien konkret umsetzen, sodass das Recht auf angemessene Nahrung für alle Menschen erfüllt ist? Um auf diese Frage eine Antwort zu finden, beauftragte das Entwicklungsministerium (BMZ) Michael Fakhri, den UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, einen Leitfaden für nationale Aktionspläne zur Umsetzung des Rechts auf Nahrung auszuarbeiten.
Es ist unumstritten: Die Verabschiedung der Freiwilligen Leitlinien zur Unterstützung der schrittweisen Verwirklichung des Rechts auf angemessene Nahrung (Leitlinien zum Recht auf Nahrung) waren ein Meilenstein in der Geschichte der UN. Zum ersten Mal konnte die Zivilgesellschaft aktiv an einem solchen Dokument mitwirken. Wie Windfuhr in seinem Resümee der Konferenz hervorhebt, sind die Leitlinien Basis für den heutigen umfangreichen und differenzierten normativen Rahmen des Rechts auf Nahrung – ein beeindruckender Blumenstrauß an menschrechtlichen Instrumenten und politischen Handreichungen. Dieser umfasst u.a. die Themen Nutzungs- und Besitzrechte an Land, Fischgründen und Wäldern; soziale Absicherung; Gleichstellung und Stärkung der Rolle von Frauen und Mädchen; und Rechte von Indigenen und Kleinbäuer*innen.
Auch das BMEL erkennt die Leitlinien in seinen Schlussfolgerungen als wegweisend für die Umsetzung des Rechts auf Nahrung an. Der UN-Ausschuss für Welternährung CFS (Committee on World Food Security) ist der Ort, an dem diese Leitlinien und viele weitere der oben genannten Menschenrechtsinstrumente unter starker Beteiligung der Zivilgesellschaft verhandelt wurden. Der CFS ist der inklusivste Raum für die Aushandlung von politischen Handreichungen innerhalb der UN und hat daher etliche Meilensteine für die Menschenrechte hervorgebracht. Das BMEL und Windfuhr sind sich daher einig, dass der CFS als zentrale Stelle für die internationale Politikkoordinierung in Sachen Hungerbekämpfung gestärkt werden muss.
Ging es in den vergangenen Konferenzen um die Hungerbekämpfung im Globalen Süden, wurde dieses Jahr auch die Situation in Deutschland erörtert. Eine wichtige Erkenntnis der Konferenz ist somit, dass es in der Struktur der verschiedenen Probleme der Länder des Globalen Südens und Nordens starke Parallelen gibt. Auch hierzulande wird das Recht auf Nahrung durch die Konzentration von landwirtschaftlichen Flächen, der Vernachlässigung von Kleinbäuer*innen, den mangelnden Zugang zu gesunder Nahrung, sowie der fehlenden sozialen Teilhabe häufig nicht erfüllt.
Aber wie lassen sich all diese Ergebnisse nutzen, um das Recht auf Nahrung zu verwirklichen? Diese Frage stellte sich auch das BMZ und trug an Michael Fakhri den Auftrag heran, sich dieser Frage in einer umfangreichen Studie anzunehmen. In dieser verdichtet der Sonderberichterstatter den genannten normativen Rahmen zu einem konkreten Plan, wie Nationalstaaten das Recht auf Nahrung schrittweise umsetzen können.
Er schlägt dabei ein Vorgehen in mehreren Schritten vor: Staaten sollten zunächst eine detaillierte Problemanalyse vornehmen. Dies müsse unbedingt unter Einbindung der betroffenen Menschen geschehen. In seinen genaueren Ausführungen bezieht er sich stark auf den CFS und innerhalb dessen insbesondere auf den Zivilgesellschafts- und Indigenenmechanismus CSIPM. Staaten könnten hier direkt um Unterstützung bei der Einbindung der breiten Bevölkerung mit adäquater Repräsentanz bitten.
In einem nächsten Schritt sollen nationale Gesetze und Politiken dahingehend untersucht werden, inwiefern sie das Recht auf angemessene Nahrung achten, schützen und gewährleisten. Ergänzt um eine Analyse, wofür die Regierung wie viel Geld in Bezug auf das Recht auf Nahrung ausgibt, ergäbe sich so eine Übersicht über politische Prioritäten und Potenziale. Auf der Basis der Dialogergebnisse und der Politikanalyse könne anschließend eine öffentliche politische Debatte darüber geführt werden, welcher Reformen es bedarf, um den notwendigen Wandel herbeizuführen. Als Ergebnis dieses Dreischrittes sollte so ein nationaler Aktionsplan zur Durchsetzung des Rechts auf Nahrung erstellt werden mit klarer Nennung der Pflichten des jeweiligen Staates.
Lesen Sie die Studie von Michal Fakhri hier.
Den Ergebnisbericht und die Schlussfolgerungen des BMEL können Sie hier nachlesen.
Das Konferenzresümee von Michael Windfuhr finden Sie hier.