Unter dem Motto „Frieden säen, Krieg beenden – Hunger, Biodiversitäts- und Klimakrise solidarisch beenden“ appellierten am 12. April verschiedene bäuerliche, entwicklungspolitische und Menschenrechtsorganisationen an Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir, sich für konkrete und global koordinierte Maßnahmen zur Ernährungssicherung einzusetzen. Vor einem großen Friedenssymbol aus jungen Getreidepflanzen, flankiert von zwei Traktoren, warnten Vertreter*innen von FIAN, der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Brot für die Welt, Christliche Initiative Romero (CIR), INKOTA, MISEREOR und Oxfam vor einer Instrumentalisierung der sich verschärfenden weltweiten Hungerkrise durch die Interessen der Agrarindustrie.
In Brasilien beispielsweise sollen vor dem Hintergrund des Export-Stopps von Kunstdünger aus Russland indigene Gebiete im Amazonas als Abbaufläche des für die Sojaproduktion benötigten Phosphats herhalten. Gleichzeitig lobbyieren Wirtschaftsverbände für die schnelle Ratifizierung und Anwendung des Assoziierungsabkommen der EU mit dem Mercosur-Raum, dessen Ziele und Kernelemente in direktem Widerspruch zu Klimaschutz, Ernährungssouveränität und der Wahrung von Menschenrechten stehen.
Kleinbäuer*innen und Landlose ins Zentrum!
Landraub, der Einsatz von gesundheitsschädlichen Pestiziden, Saatgutmonopole und Nahrungsmittelspekulation: Häufig ist die Agrar- und Ernährungsindustrie selbst an der Verletzung des Rechts auf Nahrung beteiligt. So sind ein Viertel aller Hungernden weltweit Landarbeiter*innen. Sie sind gezwungen, in prekären Arbeitsverhältnissen für Hungerlöhne zu arbeiten – viele in der industriellen Plantagenwirtschaft, auch in Europa. Sie an der Erarbeitung von Strategien zur Hungerbekämpfung zu beteiligen ist der zentrale, erste Schritt gegen ihre Diskriminierung und menschenrechtlich geboten.
Einen wichtigen völkerrechtlichen Standard im Kampf um die Verwirklichung der Rechte von Kleinbäuer*innen und der arbeitenden Landbevölkerung für ihre Kämpfe um Land, Saatgut oder bessere Arbeitsbedingungen bildet die von den Vereinten Nationen verabschiedete „Deklaration zum Schutz der Rechte von Bauern und Bäuerinnen und anderen Menschen, die auf dem Land arbeiten“ (United Nations Declaration on the Rights of Peasants and Other People Working in Rural Areas; im folgenden UNDROP). Darin werden Kleinbäuer*innen und Menschen in ländlichen Gebieten als zentrale Akteur*innen bei der Überwindung globaler Krisen wie Hunger, der Klimaerhitzung und Umweltzerstörung anerkannt.
UNDROP konkret implementieren
Die deutsche Bundesregierung hat sich bei der Abstimmung zur Verabschiedung der Erklärung enthalten. Dennoch ist Deutschland aufgrund des Beschlusses der UN-Vollversammlung durch die Charta der Vereinten Nationen daran gebunden, die UNDROP-Erklärung mit bester Absicht umzusetzen. „Weltweit fordern Millionen von Kleinbäuer*innen und Landarbeiter*innen, dass diese Erklärung endlich umgesetzt wird. Damit die Erklärung ihre Wirkung entfalten kann, muss sie auch in Deutschland durch nationale Gesetze gestützt werden und aktiv gegen Diskriminierungen der Rechteträger*innen vorgegangen werden,“ erklärt Gertrud Falk von der Menschenrechtsorganisation FIAN. Ein Problem der mangelnden Durchsetzung liegt in den ungeklärten Zuständigkeiten. „Die Bundesregierung ist gefordert, die Bedeutung der Erklärung durch konkrete Maßnahmen zu unterstreichen. Die Verpflichtungen und Empfehlungen, die aus UNDROP hervorgehen, müssen als ein Querschnittsthema begriffen werden, das öffentliche Maßnahmen auf allen institutionellen Ebenen beeinflussen sollte. Wir erwarten von der Regierung eine Behörde damit zu beauftragen, die Implementierung von UNDROP zu koordinieren und zu überwachen.“
Hintergrund: Tag des bäuerlichen Widerstands (auch: Tag der Landlosen)
Seit 23 Jahren wird jedes Jahr am 17. April der Tag des bäuerlichen Widerstands begangen. Die internationale Organisation La Via Campesina, in der mehr als 200 Millionen bäuerliche Erzeuger*innen, Landarbeiter*innen, Indigene Gemeinschaften und Andere organisiert sind, ruft in der Woche um den 17. April weltweit zu Aktionen, Kundgebungen und Demonstrationen auf. Der Gedenktag geht auf ein Massaker im Jahr 1996 im brasilianischen Eldorado dos Carajás zurück, bei dem 19 Aktivist*innen der Bewegung der Landlosen MST ermordet wurden.