Ein neuer Bericht der Menschenrechtsorganisationen LICADHO und Equitable Cambodia zeigt das Ausmaß und die verheerenden Folgen der Mikrofinanz-Überschuldungskrise in Kambodscha.
Die beiden Partnerorganisationen von FIAN haben die Überschuldungssituation in 14 Gemeinden in acht Provinzen des Landes untersucht. Die Menschen in diesen Gemeinden berichten von einer Reihe von Menschenrechtsverletzungen aufgrund ihrer Mikrokreditverschuldung – etwa die Verschlechterung der Ernährungssituation, der Verkauf von Land, Kinderarbeit und schuldenbedingte Migration. Detaillierte Profile der einzelnen Gemeinden, samt Videos mit den Stimmen der Betroffenen, sind auf einer Webseite (auch auf Deutsch) verfügbar.
Der kambodschanische Mikrofinanzsektor hat in den letzten Jahren ein massives Wachstum verzeichnet. Ende 2020 waren 2,8 Millionen Kambodschaner*innen mit durchschnittlich 4.280 US Dollar bei formalen Mikrofinanzanbietern verschuldet. Wie bereits frühere Untersuchungen von kambodschanischen Menschenrechtsgruppen aufgedeckt haben, leiden die Kreditnehmer*innen an hohen Zinsen, aggressiven Kreditvergabe- und Inkassopraktiken und sind von Landverlust betroffen, da viele der Mikrokredite mit Landtiteln besichert sind.
Die an der Untersuchung beteiligten Gemeinden waren allesamt schon zuvor von Landraub betroffen, zumeist durch die Vergabe von agro-industriellen Landkonzessionen in ihren Dörfern. Nach Jahren des Kampfes gegen die Agrarkonzerne und des Eintretens für ihre Landrechte sind die Gemeindemitglieder heute von Landverlust durch die Überschuldungskrise im Mikrokreditsektor bedroht. Die Untersuchung zeigt zudem die deutliche Zuspitzung der Verschuldungssituation vieler Haushalte im Zuge der COVID-Pandemie und auch, dass die bisherigen Maßnahmen der kambodschanischen Mikrofinanzinstitute – etwa Angebote zur Umstrukturierung von Mikrokrediten während der Pandemie – unzureichend sind.
Kambodschanische Menschenrechtsgruppen und FIAN haben wiederholt auf die Überschuldungskrise in Kambodscha hingewiesen und die kambodschanische Regierung und beteiligte internationale Investoren, darunter auch die deutsche Entwicklungsbanken KfW und DEG, aufgefordert, endlich die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um Menschenrechtsverletzungen durch Überschuldung zu verhindern und den Opfern Abhilfe zu schaffen. Jetzt fordern die 14 Gemeinden und die Menschenrechtsorganisationen die Rückgabe der eingezogenen Landtitel, ein Ende von erzwungenen Landverkäufen, die Senkung von Zinsen und die Durchführung von unabhängigen Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen im Mikrokreditsektor.
https://www.licadho-cambodia.org/articles/20210628/173/index.html
http://mficambodia.com/?lang=de (Studie auf Deutsch)
https://www.mficambodia.com/ (Studie auf Englisch)