Am internationalen Frauentag besuchten Regine Kretschmer (FIAN Deutschland), Milton Yulán (FIAN Ecuador) und Raquel Silva (Tierra y Vida) die Bauerngemeinde Las Mercedes. Mit den Frauen wurde in einer großen Runde gegessen und die Situation der Gemeinde erörtert.
FIAN und die Bauernorganisation Tierra y Vida, die an der Küste von Ecuador arbeitet, unterstützen seit Jahren den Kampf der Gemeinde Las Mercedes um Anerkennung ihres Landes. Die Bauerngemeinschaft bewirtschaftet eine Fläche von 2.100 Hektar. Bis heute besitzt die Gemeinde jedoch keine Landtitel und hat somit keinerlei Rechtssicherheit. Immer wieder sieht sie sich Begehrlichkeiten um ihr Land ausgesetzt – dieses ist jedoch eine Grundvoraussetzung, um das Recht auf Nahrung gewährleisten zu können. FIAN hat immer wieder die fehlende Umsetzung der ecuadorianischen Landgesetzgebung (Plan Tierra) kritisiert, die 2009 von der Regierung Correa verabschiedet wurde. Auch hat FIAN die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in Las Mercedes dokumentiert.
Die Familien haben meist zwischen zwei und fünf Hektar Land. Sie widmen sich dem Reisanbau, der Viehzucht oder praktizieren einen diversifizierten Anbau mit Bananen, Yuka, Mais, Gemüse und Kakao. „Unser Land ist gut und fruchtbar“, so die Aussage der Frauen, „es wächst alles, was angepflanzt wird“. Seit 20 Jahren leben sie hier in Las Mercedes, haben aber noch immer keinen Stromanschluss. Auch der Zugang zu Wasser ist weiterhin ein ungelöstes Problem: auf eine seit 10 Jahren vom Landwirtschaftsministerium versprochene Wasserleitung wartet die Gemeinde bis heute. Die Frauen und Männer betonen, dass sich ihre Ernährungssituation durch eine gute Wasserversorgung deutlich verbessern würde.
Zum mangelhaften Zugang zu Wasser kommt das Problem der Verschmutzung durch die umliegenden Farmen des Agrobusiness. Garnelenzucht und Zuckerrohranbau bewirtschaften riesige Flächen, in denen massiv Pestizide eingesetzt werden. Das kontaminierte Wasser gelangt auch auf die Äcker der KleinbäuerInnen. Der Staat, beklagen sich die BewohnerInnen, kontrolliert die Anwendung der Agrarchemikalien kaum oder gar nicht.
Die KleinbäuerInnen, die Reis anbauen, sehen sich selbst zunehmend gezwungen, vermehrt Pestizide einzusetzen: da sie seit rund drei Jahren mit neuen Schädlingen zu kämpfen haben, die ihre Pflanzungen vernichten, müssen sie semi-hybrides Saatgut kaufen, welches auf Chemikalien angewiesen ist. Die BäuerInnen können dadurch nicht mehr ihr eigenes Saatgut verwenden, sondern müssen dieses käuflich erwerben. Laut Aussage der BäuerInnen wird die Zunahme der Schädlinge durch den Klimawandel und den verstärkten Einsatz von Pestiziden in den Monokulturen verursacht. Hiermit werden die Ernährungssouveränität und die Gesundheit der BäuerInnen in Gefahr gebracht.
Durch den Kauf von Saatgut und Pestiziden steigen die Produktionskosten der BäuerInnen. Aufgrund mangelnder staatlicher Kreditvergabe müssen sie sich an private Banken und Geldverleiher mit horrenden Zinsen wenden. Dadurch verschulden sich die BäuerInnen und müssen ihr Land mit Hypotheken belasten. Gibt es eine schlechte Ernte, geraten sie schnell in die Schuldenfalle und laufen sogar Gefahr, ihr Land zu verlieren.
Gleichzeitig nimmt der Druck auf das Land zu. In Las Mercedes – so wie auch in anderen Dörfern, die wir besucht haben – berichten die Menschen, wie der Landhunger der expandierenden Garnelenzüchter sowie der Zuckerrohrfirmen die BäuerInnen unter Druck setzt. Vor allem arme und verschuldete Familien werden bedrängt, ihre Parzellen zu verkaufen. Die Garnelenzucht entwickelt sich momentan zu einem der wichtigsten Wirtschaftszweige des Agrobusiness an der ecuadorianischen Küste.
Die Bauernorganisation Tierra y Vida beobachtet eine Verschärfung der Probleme: Tausende von BäuerInnen haben bis heute keinen Zugang zu Land, viele Gemeinden haben keine Rechtssicherheit über ihr Land. Andere Dörfer sind gar von Räumungen bedroht. Viele Familien haben enorme Schwierigkeiten, ihre Raten abzuzahlen, da die Preise für landwirtschaftliche Produkte, vor allem Reis, fallen. Hinzu kommt die Gefahr, durch eine schlechte Reisernte ihre Bankkredite nicht abzahlen zu können und ihr Land ganz zu verlieren.