Im Jahr 2015 wurde das Recht auf Nahrung in die neue Verfassung von Nepal aufgenommen. Dieser Erfolg war auf das Engagement der Zivilgesellschaft unter der Leitung von FIAN Nepal zurückzuführen. Auch auf lokaler und regionaler Ebene ist FIAN in dem südasiatischen Land sehr aktiv. In vielen Fällen konnten ländliche Gemeinden unterstützt, Landtitel erstritten und das Recht auf Wasser gesichert werden. Hier eine Auswahl der Erfolge, die durch die Arbeit von FIAN erzielt werden konnten.
Grenzverschiebung: 113 Familien erhalten Landnutzungsrechte zurück
Die Gemeinde Mukhiyapatti Musaharnia liegt im südöstlichen Grenzgebiet zu Indien. Auf drei Seiten ist sie von indischem Gebiet umschlossen. Die Haupterwerbsquelle der meisten Familien ist der Getreide- und Gemüseanbau sowie die Viehzucht. Aufgrund natürlicher Änderungen des Verlaufs von drei Grenzflüssen wurde die Grenzlinie im Januar 2019 offiziell verschoben. Etwa 40 Hektar Land wurden auf die indische Seite verlagert. 113 Familien waren hiervon betroffen. 26 Familien verloren ihr Land komplett und damit jede Möglichkeit der Nahrungsproduktion.
Obwohl die Familien ihren Landbesitz anhand offizieller Dokumente nachweisen konnten, besaßen sie keinen Zugang mehr zu ihren Feldern. Eine Kompensation erfolgte nicht. Dies hatte zur Folge, dass viele ihren Lebensunterhalt nun als Tagelöhner oder Saisonarbeiter in Indien verdienen mussten. Die Betroffenen forderten Entschädigungen oder eine Bereitstellung von Ersatzland sowie sofortige finanzielle Unterstützung, um ihre Ernährung und den Lebensunterhalt zu sichern. Die Bezirksregierung wollte aufgrund mangelnder Befugnisse nicht auf die Forderungen eingehen.
FIAN vertrat die Interessen mehrerer Gemeinden, die von den Verschiebungen des Grenzverlaufs betroffen waren. In Zusammenarbeit mit dem Right to Food-Netzwerk und Medien konnte das Thema bei der Bezirksregierung sowie mit Mitgliedern des Provinz- und des Bundesparlaments diskutiert werden. Auch die Ministerien für Infrastrukturentwicklung, Landmanagement und Landwirtschaft der Provinz Madhesh wurden adressiert. Es folgten zahlreiche Dialoge vor Ort, Pressearbeit, gemeinsame Forderungsschreiben sowie Gespräche mit den Grenzschutzkräften zwischen Nepal und Indien. Auch mit der indischen Seite wurden die Probleme erörtert.
Schließlich konnte erreicht werden, dass den Bäuerinnen und Bauern die Nutzung ihres Landes jenseits der Grenze für den Ackerbau gestattet wird. Die Betroffenen konnten unmittelbar damit beginnen, ihr Land zu bestellen. Hierfür erhielten die 113 Familien offizielle Landnutzungsrechte – essentiell für die Gewährleistung ihrer Ernährungssouveränität.
Bewässerungssituation von 1.155 Familien verbessert
Das Mahakali-Bewässerungsprojekt betrifft vor allem Gemeinden im Distrikt Kanchanpur ganz im Westen des Landes. Das Projekt wurde ins Leben gerufen, um die landwirtschaftliche Produktion zu steigern und die Lebensgrundlage der Bauern zu verbessern. Ein Vertrag zwischen Nepal und Indien aus dem Jahr 1996 regelt dafür die Nutzung des Mahakali-Flusses. Allerdings lieferte Indien im Winter weniger Wasser als vereinbart, wodurch etwa 7.000 Bäuerinnen und Bauern gezwungen waren, ihr Land brachliegen zu lassen. Während der Regenzeit hingegen leitete Indien mehr Wasser als vertraglich vorgesehen nach Nepal, was zu Überschwemmungen und Erosion führte. Etwa 1.200 Familien verloren dadurch ihre Anbauflächen. Zudem leben in der Region viele landlose Bauern, die über keine offiziellen Landtitel verfügten. Ohne offizielle Dokumente bleibt ihnen der Zugang zu staatlicher Unterstützung beispielsweise in Form von subventionierten Agrarkrediten, Düngemitteln, Saatgut, Elektrizität oder Bewässerungsanlagen verwehrt.
Eine nachhaltige und langfristige Unterstützung der Gemeinden durch die Behörden blieb aus. In Rücksprache mit den Gemeinden unterstützte FIAN die Bildung einer Interessensvertretung der Betroffenen. Zudem half FIAN den Gemeinden bei der Organisation von Aktionen, um ihre Probleme bei den Behörden vorzutragen. Dies umfasste die Einreichung von Memoranden, Lobbytreffen, Dialogveranstaltungen und Pressekonferenzen. Alle Schritte wurden bei den zuständigen Regierungsstellen nachverfolgt.
Mit der Unterstützung von FIAN konnten bedeutende Fortschritte erzielt werden: Die für die Bewässerung zuständige Behörde stellte umgerechnet 64.000 Euro für die Sanierung des Hauptkanals und die Fertigstellung eines unvollendeten Zweigkanals bereit. Außerdem wurden der Kanalboden gereinigt und 13 Pumpen installiert. 1.155 Familien erhielten hierdurch eine regelmäßige Bewässerung und konnten etwa 379 Hektar des zuvor unfruchtbaren Landes wieder bewirtschaften. Die Reisproduktion konnte insgesamt gesteigert werden.
Darüber hinaus hat die lokale Regierung in Zusammenarbeit mit der National Land Commission ein Verfahren zur Ausstellung von Landtiteln für 97 landlose Dalit-Bauern eingeleitet. Dies ermöglicht ihnen Zugang zu subventionierten Agrarkrediten und anderen Regierungsressourcen, wodurch ihre Ernährungssicherheit und Lebensgrundlagen langfristig verbessert werden konnten. Durch die Intervention von FIAN konnten die Rechte der Bauern auf Nahrung und Bewässerung nachhaltig gestärkt werden.
Landlose erhalten Landtitel und erkämpfen Lohngerechtigkeit
Seit 2003 leben 56 Familien vom Stamm der Badi im Ort Ghaneshaur, Verwaltungssitz des Distrikts Dailekh. Traditionell führten die Badi ein nomadisches Leben und finanzierten ihren Lebensunterhalt als Unterhalter und durch den Verkauf von Kunsthandwerk. Da sie ihre Familien mit ihren traditionellen Beschäftigungen nicht länger ernähren konnten, ließen sie sich in Dailekh nieder und arbeiteten als Tagelöhner.
Sie bewohnten ihr Land zwar seit mehr als 20 Jahren, besaßen hierfür aber keinen Nachweis und galten offiziell als landlos. Die Familien lebten in ständiger Angst, vertrieben zu werden. Zudem hatten sie keinen Anspruch auf staatliche Unterstützung, da diese an einen Landbesitznachweis gekoppelt ist.
Da die meisten Männer gezwungen waren, auf der Suche nach Arbeit an andere Orte oder nach Indien zu gehen, fiel die Versorgung der Familie in die Verantwortung der Frauen. Ihre Einkünfte reichten kaum für genug Nahrung. Oftmals lebten Frauen und Kinder von einer Mahlzeit pro Tag und litten Hunger. Aufgrund schlechter Bildung und der Verpflichtung, sich um die Kinder zu kümmern, konnten sie keinen besser bezahlten oder regulären Tätigkeiten nachgehen. Die Kinder waren oftmals gezwungen, die Schule zu verlassen und schweren Arbeiten nachzugehen, zum Beispiel Steine zerkleinern oder Reinigungsarbeiten in Hotels. Ein weiteres Problem stellte die vorherrschende Lohndiskriminierung dar: Frauen erhielten meist nur die Hälfte des Lohns von Männern.
FIAN griff die Probleme 2015 auf Ersuchen der Betroffenen auf und half ihnen, sich zu organisieren. Dabei arbeitet FIAN mit dem Right to Food Network, Politiker*innen, Journalist*innen und Akteuren der Zivilgesellschaft zusammen. Konkrete Aktionen umfassten die Einreichung von Memoranden, Lobbytreffen, Dialoge, Pressekonferenzen und kontinuierliche Nachverfolgungen bei verschiedenen Regierungsstellen. Zudem unterstützte FIAN die weiblichen Mitglieder der Gemeinde bei der Organisation einer Gruppe zur Bekämpfung geschlechtlicher Diskriminierung.
Ein wichtiger Erfolg der Badi-Frauen war die Ausstellung von Landbesitzurkunden. Diese hatten sie mit Unterstützung von FIAN bei der Landkommission beantragt. Landbesitzurkunden sind von hoher Bedeutung, da die Familien hiermit Anspruch auf Dienstleistungen der Regierung erhalten. Dazu zählen sichere Unterkünfte, subventionierte Darlehen, Existenzsicherungsprogramme oder Elektrizität. Mit Unterstützung von FIAN thematisierten die Frauen bei den Behörden zudem das Problem der Lohndiskriminierung. Daraufhin wurde beschlossen, dass ihnen der gleiche Lohn gezahlt werden muss, da geschlechtliche Diskriminierung gegen das Arbeitsrecht verstößt.
Der Fall der Badi zeigt, dass die Rechte auf Land und Wohnraum direkt mit dem Recht auf Nahrung verknüpft sind. Ohne Landbesitz fehlt der Zugang zu sicherem Wohnraum, sozialer Sicherheit und einer selbständigen Nahrungsmittelproduktion. Durch die Arbeit von FIAN konnte die Zertifizierung ihres Landes sowie Gleichberechtigung bei den Löhnen erwirkt werden. Hierdurch wurden die Lebensbedingungen und die Ernährungssicherheit unmittelbar verbessert.